Tagelöhnerhaus aus Weidenstetten
Datenbestand: Bauforschung
Objektdaten
Straße: | Geislingerstraße |
Hausnummer: | 42 |
Postleitzahl: | 89197 |
Stadt-Teilort: | Weidenstetten |
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Regierungsbezirk: | Tübingen |
Kreis: | Alb-Donau-Kreis (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8425130002 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Objektbeziehungen
Ist Gebäudeteil von: | |
1. Gebäudeteil: | Freilichtmuseum Beuren, In den Herbstwiesen |
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Besteht aus folgenden Gebäudeteilen: | |
keine Angabe |
Bauphasen
Das Tagelöhnerhaus in der Geißlingerstraße 42 wurde i.J. 1734 errichtet und Anfang der 1990er Jahre vom Landratsamt Esslingen erworben, um im Freilichtmuseum Beuren einen neuen Platz zu erhalten. Die Aufstellung im FLM bedingte nicht zuletzt die nahezu vollständige Erhaltung sowie die fast minutiös rekonstruierbaren Besitzverhältnisse und Lebensumstände der ehem. Bewohner, wobei es vor allem als wichtiger Zeuge für die Vermittlung sozialer Unterschiede im dörflichen Gefüge dient:
Das Tagelöhnerhaus beherbergte die ärmeren Leute des Ortes; Tagelöhner, die bei Bauern arbeiteten und z.T. nebenbei noch ein Handwerk ausübten. Darunter Weberhandwerker, ein Schäfersknecht, ein Maurer oder ein Schuhmacher.
Zur Baugeschichte:
Die im Zuge der bauhistorischen und restauratorischen Untersuchungen festgestellten Umbauten lassen sich nicht eindeutig datieren. Erst in Verbindung mit der biographischen Hausforschung kann von drei Bauphasen gesprochen werden:
Bauphase I [1734-1842]: Aus der Bauzeit stammen die beiden Kellerräume, die massiven Umfassungsmauern, der Westgiebel, die Hölzer im Ostgiebel, der Dachstuhl; es haben sich auch Farb- und Putzschichten aus dieser erhalten.
Bauphase II [1842-1894]: Phase einer regen Bautätigkeit, darunter der Einbau eines Backofens 1842, der in den Akten letztmalig 1926 erwähnt wird. Ferner wird das Strohdach in Etappen durch ein "Plattendach" und der bauzeitlich aus Fachwerk mit Lehmausfachungen bestehende Ostgiebel durch massives Mauerwerk ersetzt.
Bauphase III [1894 bis heute]: Entfernung der Trennwand zwischen Stube und Alkoven; Tür zwischen Kammer und Alkoven wird zugemauert; Einbau der zuletzt vorhandenen Wand zwischen Kammer und Küche, d.h. Verkleinerung der Küche; Treppe zum DG wird verändert; Anbau eines Aborts; Einbau neuer Fensterblockrahmen. Ende des 19. Jhs. fanden demnach einige baulich Veränderungen statt ebenso wie Eingriffe in die Grundriss- und Erschließungsstruktur vorgenommen wurde.
Bauhistorische Anmermerkungen:
Rauchabzug: Es scheint unwahrscheinlich, dass das Gebäude vor der Errichtung des Kamins einen offenen Rauchabzug hatte. Der Rauchabzug lag im 2. Balkenfeld von Osten, d.h. im Bereich des heutigen Kamins. In diesem Teil des Daches finden sich aber keine nachhaltigen Rußspuren. Nur im Bereich der Treppe sind Rußspuren, diese rühren aber wahrscheinlich von der Nutzung des Backofens. Ein offener Rauchabzug ist auch deshalb unwahrscheinlich, weil sich im östlichen Teil des DG bis ca. 1894 nachweislich eine Dachkammer befand.
Treppen: Kellertreppe von K 1 zum EG (vgl. Streifenspuren in K 1) mit ursprünglichem Ausgang (Bauphase I und II) in Küche; Treppe von EG ins DG verlief in Bauphase I und II in Nordsüd-Richtung, im letzten Bauzustand in O-W-Richtung. Als die Treppe noch in N-S-Richtung verlief, war die Tür zwischen Kammer und Alkoven noch geöffnet (später zugemauert). Beim Umbau wurde die Vorgängertreppe wahrscheinlich wiederverwendet. Die im letzten Bauzustand vorgefundene Wand zwischen Kammer und Küche wurde erst Ende des 19. Jhs. eingebaut. Sie hat nachweislich keinen Verband zur Außenwand. Der Standort der Vorgängerwand lässt sich nicht eindeutig belegen.
Kellerzugang von außen: Zugang über 5 Betonstufen im letzten Bauzustand (parallel zum Haus). Reste einer Natursteinstufe sind aber unter der betonierten Stützmauer zur Straße zu erkennen. Vermutlich schnitt die bauzeitliche Treppe quer zum Haus ein. Die Straße lag vermutlich auch tiefer als im letzten Bauzustand.
Vgl. http://www.freilichtmuseum-beuren.de/museum/rundgang/tageloehnerhaus-aus-weidenstetten/ [22.10.2011], Steffi Cornelius: Ein Tagelöhnerhaus aus Weidenstetten, in: Häuser fürs Museum. Hausforschung an den Freilichtmuseen Baden-Württembergs, hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft der regionalen ländlichen Freilichtmuseen in Baden-Württemberg, Biberach 1994, S. 58-67, Steffi Cornelius und Barbara Wehling: Hausgeschichten. Ein Führer durch das Freilichtmuseum Beuren, hrsg. vom Landkreis Esslingen, Esslingen 1995, S. 50-53 und Steffi Cornelius: Kurzführer durch das Freilichtmuseum Beuren, hrsg. vom Landkreis Esslingen, Beuren 2004, S. 22.
(1733 - 1734)
- Siedlung
- Dorf
- Wohnbauten
- Wohnhaus
(1734 - 1842)
Kellerräume mit massiven Umfassungsmauern, Westgiebel, Hölzer am Ostgiebel und Dachstuhl sind bauzeitlich - Grundriss (heute verändert):
Küche hatte zur Erbauungszeit eine größere Grundfläche als im angetroffenen Zustand. Die Wand zwischen Küche (R 0.6) und Kammer (R 0.4) war nach Westen versetzt. Kammer (R 0.4) und Alkoven (R 0.3) waren durch eine Tür miteinander verbunden. Die Türöffnung wurde später mit Bruchsteinen ausgemauert. Die Treppe zum 1. DG hatte ebenfalls einen anderen Verlauf, ausgewechselte Fußbodenbretter lassen darauf schließen. (gk)
Im DG war in der ersten Bauphase eine Dachkammer. Sie lag im östlichen Teil. Die Kammerwand befand sich in der mittig angeordneten Bundebene. Putz- bzw. Mörtelspuren weisen darauf hin, Zapflöcher belegen die Lage der Tür. Archivalisch wird die Dachkammer erstmals 1744 erwähnt (a). Ihre Existenz ist bis 1894 nachweisbar. Das Dach war bis 1825 ausschließlich mit Stroh gedeckt.
Erste nachweisbare Besitzer: Georg Schick (Tagelöhner bzw. "Weberhandwerker"), geb. 1687, verheiratet 1719 mit Anna Geiwitzin (drei Kinder); entsprechend der Dendrodaten war er auch der erste Besitzer des Einhauses; seine dritte und letzte Frau (Barbara Hofelich) erbte das Haus nach seinem Tod i.J. 1765, das sie 1769 an Johannes Allgoier verkaufte: "Wobey anzufügen, daß die Verkäufern Barbara Schikin den lebenslänglichen ohnentgeldlichen Aufenthalt im Hauß, und die Mitbewohnung in der Stuben und Küche zu suchen habe, auch die obere Kammer allein bewohnen darf." (a) Der Schwiegervater von Allgoier baute um 1784 den neuen eisernen Ofen ein.
(1764)
(1784)
(1800)
(1825)
- Dachgeschoss(e)
(1842 - 1894)
Nachdem Anna Catharina das Haus einschließlich der Einrichtung zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes Jakob Scheiffele (Schäfersknecht) i.J. 1835 verkaufte, lebte sie mit der neuen Besitzerin Anna Catharina Miller bis zu ihrem Tod 1842 ebd. zusammen. Letztere lebte mit ihrem Ehemann Balthasar Bayer ("Bauersknecht, Beiwohner und Maurer") bis 1888 im Haus.
Phase reger Bautätigkeit zwischen 1842-88:
- 1842 Einbau eines Backofens, der letztmalig 1926 erwähnt wurde(a); vgl. Grabungen entlang der Küchenwand, wo das Backofenfundament freigelegt werden konnte: Streifenfundament, bestehend aus mehreren Lagen Kalkbruchsteinen, ohne Mörtel gemauert, u-förmig mit Öffnung zur Küche (gk)
- Verbesserung an der Dachdeckung: Ersetzen des Strohdaches nach und nach durch ein Plattendach (a); ferner Ersetzen der Lehmausfachungen im Ostgiebel durch massives Mauerwerk
Besitzer: Ehepaar Anna Catharina (geb. Miller) und Balthasar Bayer, Beruf: Knecht - Tagelöhner - Maurer; acht Kinder; 1888 stirbt Anna Catharina Bayer, der Witwer verbleibt mit Verwandtschaft im Haus, nachdem er es an seine Tochter Margarete verkauft hatte: "Verkäufer behält sich das lebenslängliche Wohnrecht im Stüble sowie einen Platz in der oberen Kammer zur Aufbewahrung seiner Gegenstände sowie die im Wohnhaus befindliche Küche zur Mitbenützung." Er stirbt 1894 ("Balthasar Bayer lebte noch sechs Jahre im Haus in der Geislinger Straße").
(1874)
(1876)
"ein einstokigtes massives, freistehendes Wohnhaus unter
3,4 hohem Plattendach
7.7 lang 6,4 breit 2,1 hoch.
1 beheizbares Zimmer mit Alkov.
1 unbeheizbares Zimmer
1 Küche
1 gewölbter Keller
1 Stall im Sockelstok
1 Dachkammer
Umfassungs- und Giebelwände: mit 1 massiven und 1 gezäunten Giebel."
Der angebaute Backofen bleibt unerwähnt (vgl. Brand-Schadens-Versicherungskataster von 1874).
(1894 - 1993)
- Veränderung Grundriss Ende 19. Jahrhundert;
- Verkleinerung der Küche;
- Treppenlauf wird gedreht zum 1. DG (d.h. Abkehr von N-S-Ausrichtung);
- Tür zwischen Kammer und Alkoven wird zugemauert;
- Zugang zum Spitzboden fortan am Ostgiebel;
- Aufgabe der Dachkammer und Entfernung der Trennwand im 1. DG;
- Errichtung Backsteinkamin (Zeitpunkt unbeka-nnt).
(1902)
(1914)
(1926)
(1945 - 1950)
(1991)
(1993 - 1998)
- Siedlung
- Freilichtmuseum
- Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
- Museum/Ausstellungsgebäude
Zugeordnete Dokumentationen
- Restauratorische Untersuchung
- Bauhistorische und kulturwissenschaftliche Untersuchung
Beschreibung
- Siedlung
- Freilichtmuseum
- Wohnbauten
- Handwerkerhaus
- Wohnhaus
- Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
- Museum/Ausstellungsgebäude
- Ländl./ landwirtschaftl. Bauten/ städtische Nebengeb.
- Stallgebäude
Zonierung:
Das Gebäude ist teilunterkellert. In der westlichen Haushälfte befindet sich ein flachgedeckter Halbkeller. Er ist von der Traufseite über eine Treppe erschlossen (K 1), Spuren der Nutzung als Stall sind zu erkennen. Von diesem Halbkeller gelangt man in einen tieferliegenden tonnengewölbten Keller (K 2), der unter dem südöstlichen Viertel des Hauses liegt.
Konstruktionen
- Wandfüllung/-verschalung/-verkleidung
- Backstein/Lehmziegel
- Bruchstein/Wacken
- Flechtwerk
- Steinbau Mauerwerk
- Bruchstein
- Mischbau
- Steinbau mit Gebäudeteilen aus Holz
- Gewölbe
- Tonnengewölbe
- Verwendete Materialien
- Backstein
- Holz
- Putz
- Stein
- Ziegel
- Dachform
- Satteldach
- Decken
- Balken-Bretter-Decke
- Dachgerüst Grundsystem
- Sparrendach, q. geb. mit stehendem Stuhl
Das Dach war bis ins 1. Viertel des 19. Jhs. mit Stroh gedeckt.