Bandhaus (Schloß Presteneck)

Datenbank Bauforschung/Restaurierung

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Turm ‚Buchheimer Hans‘

ID: 166991823820  /  Datum: 11.01.2016
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
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Objektdaten

Straße: Beuroner Straße
Hausnummer: 63
Postleitzahl: 88637
Stadt-Teilort: Buchheim

Regierungsbezirk: Freiburg
Kreis: Tuttlingen (Landkreis)
Wohnplatzschlüssel: 8327008001
Flurstücknummer: keine
Historischer Straßenname: keiner
Historische Gebäudenummer: keine
Lage des Wohnplatzes: Lage des Wohnplatzes

Kartenansicht (OpenStreetMaps)

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Objektbeziehungen

keine

Umbauzuordnung

keine

Weitere Objekte an diesem Wohnplatz

Bauphasen

Kurzbeschreibung der Bau-/Objektgeschichte bzw. Baugestaltungs- und Restaurierungsphasen:

Den Baubefunden nach zu schließen geht der Turm auf eine einheitliche Baumaßnahme zurück. Die Werksteinarbeiten von Sockel, Eckverbänden, Chorbogen, Chor- und Schlitzfenstern bilden ein einheitliches Konzept. Anhand ihrer stilistischen Einordnung kann die Bauzeit im 14. oder 15. Jahrhunderts vermutet werden. Das Erdgeschoss des Turms war für eine Nutzung als Chorraum bestimmt. Aufgrund des dreiseitig umlaufenden vortretenden Sockels kann ausgeschlossen werden, dass Teile eines älteren Turms in den Bau einbezogen worden sind. Zumindest ein Teil des nördlichen Verlaufs der Kirchhofmauer ist vermutlich gleichzeitig mit dem Turm entstanden.
Vermutlich wurde der Turm an ein älteres Langhaus angefügt, worauf es mehrere, im Einzelnen jedoch nicht stichhaltige, Hinweise gibt. Bei gleichzeitiger Entstehung von Turm und Langhaus wäre zu vermuten, dass man den Sockel um beide Baukörper gezogen hätte, doch er endet an der Schmalseite des nordwestlichen Maueransatzes. Die auffällig unterschiedliche Ausrichtung von Turm und Langhaus kann ebenfalls als Indiz für eine nicht gleichzeitige Entstehung gewertet werden. Ein weiterer Hinweis ist der im Turmmauerwerk enthaltene Hohlziegelbruch. Er dürfte kaum vom Bau des Turms herrühren, da er erst beim Eindecken des Helms angefallen wäre, sodass er von einem älteren, damals abgedeckten oder abgetragenen, Baukörper stammen müsste. Da für die spätmittelalterliche Bauzeit des Turms nicht davon auszugehen ist, dass bereits viele Gebäude des Orts Ziegeldeckungen besaßen, liegt es nahe, dass die Ziegel vom zuvor ganz oder nur teilweise abgetragenen Kirchenbau herrühren.
Obwohl ein höheres Alter des früheren Langhauses zumindest vermutet werden kann, macht die Verzahnung der Mauerwerke von Turm und Maueransätzen deutlich, dass beides gemeinsam errichtet worden ist. Dies ergab sich jedoch zwangsläufig, wenn der frühere Chor zunächst abgetragen worden war und die Ecken zum stehen gelassenen Langhaus beim Bau des Turms neu hergestellt werden mussten.
Theoretisch hätte die Ostwand des Langhauses belassen und der Turm diesem aufgesetzt werden können. Das dieses nicht so geschehen ist könnte damit zusammenhängen, dass zuvor noch kein Chorturm bestanden hatte und der Chorbogen deshalb zum Tragen eines Turms viel zu schwach bemessen war. Die Aufwertung einer einst turmlosen Kirche durch einen großen Chorturm wäre die schlüssigste Erklärung für die damalige Baumaßnahme, doch können die Vorgänge damals auch komplexer gewesen sein, etwa indem auch zuvor schon ein Chorturm bestanden hatte, dessen Chorbogen nicht standhielt und Anlass zur Baumaßnahme gab.
Bei dem nachträglich angelegten nördlichen Zugang zum Erdgeschoss kann es sich nur um die Tür zu einer Sakristei gehandelt haben, die – wie der vortretende Sockel auf der Nordseite zeigt – erst zu einem späteren Zeitpunkt angefügt worden ist. Für eine zeitliche Einordnung konnten keine Anhaltspunkte gewonnen werden.
Das 4. Obergeschoss, früher Glockengeschoss, lässt spätere Veränderungen an den Schallöffnungen erkennen, die aufgrund beschränkter Einsichtmöglichkeiten nicht abschließend bewertet werden konnten.
Ob dort nur die Öffnungen verändert worden sind oder das ganze Geschoss erneuert worden ist, ließ sich nicht nachvollziehen.
Die Backsteine im Chorbogen, jene des Sehschlitzes im 1. Obergeschoss und der Balkenkanäle auf West- und Ostseite des 4. Obergeschosses weisen dieselben Abmessungen von 29 cm x 14 cm x 6 cm auf, was eine gleichzeitige Entstehung aber nicht notwendigerweise nachweist. Auffällig ist, dass die nach Norden gerichtete Schallarkade am größten ausgebildet ist und der zusätzliche Sehschlitz nach Nordwesten gerichtet ist. Während bei der Errichtung des Turms mit der Befensterung des Chorraums die Südseite bevorzugt wurde, bei mittelalterlichen Kirchenbauten üblich, macht die Betonung der Nordseite bezüglich der Beschallung deutlich, dass zumindest zu dieser Zeit, als das Glockengeschoss erneuert wurde, der Siedlungsschwerpunkt nördlich der Kirche, also an der heutigen Stelle lag (bezugnehmend auf Vermutungen, wonach das zugehörige Dorf einst in südwestlicher Richtung gelegen haben soll; mündliche Mitteilung).
Brandrötungen an Mauersteinen weisen die Einwirkung großer Hitze auf der Außenseite nach. An keiner Stelle konnten die Brandspuren jedoch mit einer konkreten Baumaßnahme in Verbindung gebracht werden, sodass unklar blieb, wann dieser Brand stattgefunden hat und ob darin der Grund für die endgültige Aufgabe der kirchlichen Nutzung gesucht werden kann. Eine Zerstörung Buchheims durch Brandschatzung ist für das Jahr 1677 überliefert, wobei der Turm selber verschont geblieben sein soll (siehe Tafel im Inneren). Ein neu errichtetes Kirchengebäude innerhalb des Orts löste um die Mitte des 18. Jahrhunderts die alte Kirche ab.
1894 wurde der Turm als Aussichtsturm ausgebaut und mit einer offenen Plattform mit Eisengeländer versehen. 1980 erfolgte eine gründliche Renovierung, auf die auch das zusätzliche oberste Geschoss und das neue Dach zurückgehen (siehe Tafel im Inneren).


1. Bauphase:
(1300 - 1490)
Bau des Turms im 14. bis 15. Jahrhunderts (s).
Betroffene Gebäudeteile:
keine

2. Bauphase:
(1894)
1894 (a) wurde der Turm als Aussichtsturm ausgebaut und mit einer offenen Plattform mit Eisengeländer versehen.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

3. Bauphase:
(1980)
1980 (a) erfolgte eine gründliche Renovierung, auf die auch das zusätzliche oberste Geschoss und das neue Dach zurückgehen.
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Obergeschoss(e)

Besitzer:in

keine Angaben

Fotos

Abbildungsnachweis
Turm ‚Buchheimer Hans‘ in 88637 Buchheim (11.01.2016 - Stefan King)
Abbildungsnachweis
Turm ‚Buchheimer Hans‘ in 88637 Buchheim (11.01.2016 - Stefan King)
Abbildungsnachweis
Turm ‚Buchheimer Hans‘ in 88637 Buchheim (11.01.2016 - Stefan King)
Abbildungsnachweis
Qzerschnitt / Turm ‚Buchheimer Hans‘ in 88637 Buchheim (11.01.2016 - Stefan King)

Zugeordnete Dokumentationen

  • Bauhistorische Kurzanalyse
  • Restauratorische Untersuchungen

Beschreibung

Umgebung, Lage:
In hoher Lage außerhalb und oberhalb des Orts steht der Turm, der heute als Aussichtsturm dient.
Lagedetail:
  • Siedlung
    • Stadt
Bauwerkstyp:
keine Angaben
Baukörper/Objektform (Kurzbeschreibung):
Unverkennbar handelt es sich um einen ehemaligen Kirchturm, dessen Erdgeschoss nach Westen eine große spitzbogige Öffnung und nach Süden ein spitzbogiges Fenster mit einem einfachen gotischen Maßwerk besitzt.
Innerer Aufbau/Grundriss/
Zonierung:
keine Angaben
Vorgefundener Zustand (z.B. Schäden, Vorzustand):
Vom früheren Kirchengebäude finden sich Maueransätze an beiden westlichen Ecken. Zwei Obergeschosse weisen schmale Schlitzfenster auf und das 4. Obergeschoss größere Öffnungen nach allen vier Seiten. Darüber befinden sich die Aussichtsplattform und ein Zeltdach. Im Inneren findet sich ein Ausbau mit Betondecken und Holztreppen aus jüngerer Zeit. Östlich stößt eine ebenfalls jüngere Friedhofshalle mit verschiedenen Einrichtungen für den sich nach Osten erstreckenden Friedhof an. Auf Süd-, West- und Nordseite umgibt den Turm eine niedrige Mauer.
Bestand/Ausstattung:
keine Angaben

Konstruktionen

Konstruktionsdetail:
  • Steinbau Mauerwerk
    • Bruchstein
  • Verwendete Materialien
    • Backstein
    • Ziegel
Konstruktion/Material:
Mauerwerk:
Das Mauerwerk besteht im Wesentlichen aus einem regellosen Verband aus Bruchsteinen, Zesesteinen und rund bewitterten Kalksteinwacken. Darin eingestreut finden sich wenige Bruchstücke aus Tuffstein sowie ein geringer Anteil Hohlziegelbruch. In der Tiefe des Mauerwerks vom Erdgeschoss bis zum 3.Obergeschoss konnte ein brauner Mauermörtel mit Kalkspatzen festgestellt werden, wogegen in den Balkenlöchern des 4. Obergeschosses ein heller Kalkmörtel sichtbar war. Wie die Wandoberfläche ursprünglich beschaffen war ließ sich anhand der kleinen Aufschlüsse nicht erkennen. Balkenlöcher seitlich unter den Schallöffnungen von West- und Ostseite sind mit Backsteinen eingefasst, ebenso eine schräg durch die Mauerstärke geführte Schlitzöffnung im zweiten Geschoss auf der Nordseite.
Werksteinarbeiten:
Für die Herstellung von Werksteinen wurde, soweit einsehbar, durchgehend löchriger Kalktuff verwendet.
Nach Süden, Osten und Norden besitzt der Turm einen vortretenden Sockel, von dem sich trotz starker Verwitterung und Überarbeitung an einzelnen Stellen Reste der früheren Werksteinschräge erhalten haben. Die Ecken des Turms sind mit Tuffquadern gefasst, die an den beiden westlichen Ecken erst oberhalb der Maueransätze beginnen, an den östlichen Ecken sicherlich unten ansetzen, dort aber wegen der jüngeren Baulichkeiten nicht eingesehen werden können. Am 4. Obergeschoss war der Eckaufbau nicht einsehbar. Die große Eingangsöffnung ist mit Werksteinen aus Tuffstein eingefasst. In ihren Bogenläufen wechseln sich Werksteine und zumeist drei Lagen Backsteine ab. Bei der erdgeschossigen Fensteröffnung auf der Südseite fand Tuffstein für die Sohlbankschrägen und das Fensterprofil mit Maßwerk Verwendung.
Die Wölbungen der Wandnischen auf der Außen- und Innenseite der Fensteröffnung sind aus Backsteinen gemauert. Die Schlitzöffnungen der folgenden Turmgeschosse sind alle mit Gewänden aus Tuffstein eingefasst. Im Bereich der kaum einsehbaren Schallöffnungen des früheren Glockengeschosses sind zumindest vermehrt Backsteine zu beobachten.
Löcher im Mauerwerk:
Auf allen vier Seiten finden sich über die ganze Höhe auf Innen- und Außenseite verteilt zahlreiche Rüstlöcher, wovon einige noch Reste des eingemauerten Holzes bewahrt haben oder viele andere den Abdruck des einst eingesetzten Holzes aufweisen. Die Löcher reichen durch die ganze Mauerstärke oder enden knapp vor der Innen- bzw. Außenflucht, wo sie mit einem eingeschobenen Stein verschlossen worden sind.
Bei der Errichtung des Turms waren lageweise Hölzer in Abständen von einer halben Gerüstebene mit eingemauert worden, die im Eckbereich radial verliefen und auf beiden Seiten weit herausschauten. Verwendet wurden meist Rundhölzer von geringem Durchmesser, die nicht als Bauholz zu verwenden waren und frisch geschlagen worden waren, wie die meist noch vorhandene Rinde deutlich macht. Auf die Hölzer wurden außen und innen die Gerüstbretter aufgelegt. Nach historischen Bildquellen sind zwei Möglichkeiten des Gerüstaufbaus möglich. Entweder wurde außenseitig ein Stangengerüst gestellt und an den Hölzern befestigt oder die auskragenden Hölzer selbst reichten aus. Die Abstände der Hölzer von einer halben Gerüstebene könnten damit erklärt werden, dass eine gewisse Auflast notwendig war, bevor eine neue Lage belastet werden konnte, was die letztgenannte Möglichkeit wahrscheinlicher macht. Beim Abbau des Gerüstes wurden die Hölzer dann entweder herausgezogen oder – wenn festsitzend – bündig zur Mauerflucht abgetrennt. An einem der zur Probenentnahme freigelegten Rüsthölzer war zu erkennen, dass es nicht etwa sauber abgesägt, sondern mehr schlecht als recht abgehackt worden war. Damit endete es leicht zurückgesetzt, um mit Putz besser überdeckt zu werden und bot diesem zugleich bessere Haftung.
Einige Löcher von der gleichen Größe wurden aus zwei intakten Hohlziegeln gebildet, reichen nur bis in eine Tiefe in der Länge der Ziegel und sind im Eckbereich auch nicht radial ausgerichtet. Sie konnten ausschließlich auf der Nordseite gefunden werden. Hier waren keine Hölzer eingemauert. Wenn sie zur Aufnahme von Hölzern dienten, dann waren sie nur hineingesteckt. Immerhin liegen sie auf gleicher Höhe wie die Rüstlöcher der anderen Seiten, sodass eine Funktion in Verbindung mit dem Haugerüst wahrscheinlich ist.
Einige der vielen Löcher auf der Innenseite reichen nicht sehr tief, sind etwas größer als die Rüstlöcher, viereckig und finden sich meistens auf jeweils zwei gegenüberliegenden Seiten, sodass es sich um Balkenlöcher handelt. Da sie von der bauzeitlichen Geschossteilung teilweise abweichen und für mittelalterliche Deckenbalken sehr gering dimensioniert erscheinen, dürften sie wohl vom ersten Ausbau als Aussichtsturm Ende des 19. Jahrhunderts herrühren. Der dicke Putzauftrag lässt nicht erkennen, ob sie nachträglich ins Mauerwerk gebrochen worden sind.
Seitlich unterhalb der großen Öffnungen auf der West- und Ostseite im 4. Obergeschoss befinden sich größere, viereckige Löcher, die durch die ganze Mauerstärke verlaufen. Sie haben ganz offensichtlich nach außen auskragende Balken aufgenommen. Das einfassende Mauerwerk besteht zum größten Teil aus Backsteinen.
An der großen Eingangsöffnung finden sich in einigen der Werksteine aus Tuffstein Vierungen aus demselben Material. Möglicherweise wurden hier später angelegte Aussparungen ausgeflickt, deren Funktion jedoch nicht augenscheinlich ist und die sich links und rechts in Lage und Größe nicht entsprechen.
Formensprache:
Der Eingangsbogen beschreibt einen gedrückten Spitzbogen, der durch den Wechsel aus Tuffsteinen und Backsteinen eine eigenwillige Gestaltung erfahren hat. Er wird außen und innen von breiten Fasen begleitet, die unten in Schrägschnitten auslaufen und deutlich machen, dass keine Verschlussmöglichkeit vorgesehen war. Oberhalb dieses Bogens spannt sich ein weiterer sehr viel substantiellerer Bogenlauf, der erst etwas höher ansetzt und aus weniger sauber bearbeiteten Steinen gefügt ist. Er wirkt als Entlastungsbogen für den aus Werk- und Backsteinen zusammengesetzten Bogen, der alleine wohl kaum genügt hätte die Last des darüberliegenden Mauerwerks aufzunehmen und sollte nicht sichtbar in Erscheinung treten.
Die Fensteröffnung auf der Südseite besitzt außen und innen eine gewölbte Nische in sehr stark gedrückter Spitzbogenform und etwa im Zentrum der Wandstärke ein eingelassenes Fensterprofil aus Tuffstein, das nach außen und innen eine flache Kehle beschreibt. Das Bogenfeld füllt ein ganz einfaches Maßwerk aus lediglich zwei Nasen mit hinterschnittenen Zwickeln. Obwohl mit dem löchrigen Tuffstein kein gut geeigneter Werkstein zur Verfügung stand, sind die Formen präzise gearbeitet. Da die Nische auf der Ostseite der Ostwand ähnliche Form und Größe hat, dürfte es sich um ein zugemauertes Fenster gleicher Gestaltung handeln, wobei dicker Putzauftrag weder auf der Innenseite einen entsprechenden Umriss noch innerhalb der Nische die zu vermutenden Werksteine erkennen lässt.
Die folgenden drei Obergeschosse des Turms weisen schmale Schlitzfenster von einheitlicher Form und Größe auf, deren Gewände aus Tuffstein mit schräggeschnittenen Ausläufen gefast sind, ähnlich dem Eingangsbogen. Die große Öffnung auf der Westseite des 2. Obergeschosses weist auf der Außenseite eine breite Aussparung auf, in der ein heute verlorenes Werksteingewände gesessen hat. Der aus Werksteinen gebildete vortretende Sockel auf Nord-, Ost- und Südseite war, soweit trotz seiner starken Verwitterung noch zu erahnen, als einfache Schräge gestaltet. Während der Eingangsbogen, das Maßwerkfenster und die hochgelegenen Schlitzfenster eine gemeinsame Formensprache besitzen und eine gestalterische Einheit bilden, fehlen den großen Öffnungen des früheren Glockengeschosses solche Merkmale. Sie sind stichbogig gewölbt, sind teilweise trichterförmig angelegt bzw. später ausgeweitet worden, besitzen kein ausgeprägtes Gewände und lassen den Einsatz von Werkstein vermissen. Sie wurden offensichtlich später stark verändert.
Funktionen der Turmgeschosse:
Der Weite der Öffnung und der fehlenden Verschlussmöglichkeit nach zu urteilen handelt es sich beim Eingangsbogen um den früheren Chorbogen, der Langhaus und Chorraum zugleich verband und trennte.
Das Erdgeschoss des Turms diente folglich als Chorraum der Kirche, ausgestattet mit spitzbogigen Maßwerkfenstern nach Süden und Osten. Der dicke Putzauftrag lässt keine weiteren Anzeichen zur früheren Form und Ausstattung des Chorraums erkennen, doch kann davon ausgegangen werden, dass er ein Gewölbe besessen hat und möglicherweise ebenfalls einen baufest ins Mauerwerk eingelassenen Tabernakel, vielleicht auch eine Piscina.
Auf der Nordseite ist außenseitig eine breite Nische vorhanden, die augenscheinlich Teil einer Türöffnung war. Der dicke Putz auf der Innenseite lässt vom zugehörigen Türgewände oder dessen Ausbruch nichts erkennen. Der obere Abschluss der Nische ist nicht gewölbt, sondern es zeigt sich ausgebrochenes Mauerwerk, wonach die Öffnung erst nachträglich durch das Mauerwerk gebrochen worden ist und dabei das Mauergefüge so gut gehalten hat, dass es einfach so belassen werden konnte. Es kann sich nur um den Zugang zu einer Sakristei handeln, die somit nachträglich angebaut worden sein müsste. Bestätigt wird dies durch das Vorhandensein eines vortretenden Sockels auch auf der Nordseite, wie er beim gleichzeitigen Bau einer Sakristei nicht nötig gewesen wäre. Aus diesem Umstand stellt sich wiederum die Frage, ob hier zuvor ein weiteres Spitzbogenfenster lag, worauf jedoch keine Hinweise gewonnen werden konnten.
Die Nutzung des Erdgeschosses als Chorraum verhinderte hier die Unterbringung eines Aufgangs zu den Obergeschossen des Turms, sodass diese auf anderem Weg zugänglich gemacht werden mussten. Oberhalb des Eingangs-/Chorbogens befindet sich eine große Öffnung im 1. Obergeschoss, die einst weiter nach unten reichte, wonach es sich um eine Türöffnung gehandelt hat. Von seinem außenliegenden Gewände ist nur eine umlaufende Aussparung geblieben. Während nach Norden und Süden schmale Schlitzöffnungen bestehen, gab es nach Osten eine ähnlich große Öffnung, bei der es sich entweder ebenfalls um einen früheren Zugang oder um ein großes Fenster handelt. Da hier die Läutekammer gelegen haben dürfte, könnte dieser damit mehr Licht verschafft worden sein. Möglicherweise steht mit der früheren Funktion des Geschosses auch eine nachträglich geschaffene Schlitzöffnung in Verbindung, die vom nördlichen Schlitzfenster in nordwestlicher Richtung abzweigt. Seine Funktion lässt sich aus dem heutigen Zusammenhang nicht gesichert erschließen, doch drängt sich eine Interpretation als Sichtverbindung zu einem Ort, von dem aus Zeichen zum Läuten o.ä. gegeben wurden, auf.
Während sich im 2. und 3. Obergeschoss dieselben kleinen Schlitzfenster wiederfinden, öffnen sich im 4.Obergeschoss größere Öffnungen nach allen vier Seiten. Es handelt sich um Schallöffnungen für die dahinter aufgehängten Glocken. Diejenige nach Norden ist doppelt so breit dimensioniert als diejenigen nach Westen und Osten, während die Breite derjenigen auf der Südseite dazwischen liegt. Sie waren offensichtlich trichterförmig angelegt und wurden später ausgeweitet. Die Öffnungen nach Osten und Westen weisen seitlich unterhalb durchgehende Balkenlöcher auf, deren frühere Funktion nicht klar wird.
Mit dem Glockengeschoss endet die ältere Bausubstanz. Das 5. Obergeschoss wurde dem Turm als Besucherplattform zusammen mit dem bestehenden Helm später aufgesetzt.
Baukörper von Turm und ehem. Kirche:
Die vier Seiten des Turms sind annähernd gleich lang und laufen parallel zueinander, die Ecken weichen jedoch leicht vom Rechten Winkel ab. Ganz offensichtlich war aber ein Quadrat vorgesehen, das dann leicht verzogen ausgefallen ist.
Mit dem Chorraum im Erdgeschoss des Turms hat es sich einst um den Typ einer Chorturmkirche gehandelt.
Somit schloss westlich an den Turm das frühere Langhaus an. Davon sind an den beiden westlichen Turmecken noch Ansätze vorhanden: an der Nordwestecke in der Form einer Mauervorlage, an der Südwestecke nur noch in Form einer buckeligen Oberfläche und eines Knicks in der Mauerflucht. Das Mauerwerk von Turm und nordwestlicher Mauervorlage ist verzahnt, während an der Südwestecke Abmauerungen anzeigen, dass hier ebenfalls eine Verzahnung bestanden hatte.
Die Ansätze waren auf beiden Seiten gleich dimensioniert, sodass das Langhaus jeweils um dasselbe Maß vorsprang und damit nur wenig breiter war als der Turm. Wie am Maueransatz an der Nordwestecke jedoch noch ermittelt werden kann, wichen Turm und Langhaus in der Ausrichtung in einem Winkel von etwa 2° voneinander ab und bildeten so eine leicht geknickte Mittelachse. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass das Langhaus nach Nordost ausgerichtet war und beim Bau des Turms versucht wurde, den Chorraum an die Ostrichtung anzunähern, ohne dabei aber einen allzu auffälligen Knick zu erzeugen. Der Sockel des Turms läuft auf drei Seiten um und knickt am Maueransatz an der Nordwestecke so ab, dass er dessen schmales Stück an der Ostseite noch begleitet, nicht aber dessen Nordseite, wonach er am Langhaus nicht entlanggelaufen war. Dies lässt vermuten, dass Turm und Langhaus nicht gemeinsam errichtet worden sind.
Die frühere Höhe des Kirchenbaus entspricht dem oberen Ende der Maueransätze. Unmittelbar oberhalb liegt an beiden Ecken jeweils ein Rüstloch, sodass sie nicht höher gereicht haben können. Spuren vom Anschluss des früheren Langhausdachs zeichneten sich im Putz nicht ab und es ließen sich keine darauf zurückzuführenden Unregelmäßigkeiten in der Wandfläche beobachten. Die Öffnung auf der Westseite im 1. Obergeschoss des Turms, in der der frühere Zugang zum höheren Teil des Turms vermutet werden kann, setzte auf Höhe der Mauerkronen des früheren Langhauses an, sodass sie vom Dachraum aus zugänglich war, ohne dass mehrere Stufen hätten überwunden werden müssen. Das Fehlen einer Schlitzöffnung im 2. Obergeschoss hängt damit zusammen, dass das Dach bis zu dieser Höhe heraufreichte.
Für die Längenausdehnung des früheren Langhauses fanden sich keine Anzeichen. Durch das Anfügen eines modernen Baukörpers vor der Ostseite des Turms hat sich das Erscheinungsbild gegenüber dem früheren Zustand umgekehrt.
Brandspuren:
An vielen Stellen fallen brandgerötete Mauersteine auf, wovon jeweils nur deren nach außen berichteten Flächen oder Spitzen betroffen sind, meistens von mehreren benachbarten Steinen. Demnach rühren die Rötungen nicht von einer früheren Verwendung der Steine her, sondern gehen auf Hitzeeinwirkung an Ort und Stelle zurück. Abplatzungen als Folge besonders hoher Temperaturen waren nicht zu beobachten.
Bei den erhaltenen Rüsthölzern konnten keine Verkohlungen festgestellt werden, was darauf zurückgeführt werden kann, dass sie auf der Außenseite überputzt waren und auf der Innenseite später stark zurückgewittert sind oder das Feuer hier nicht gewütet hat.
Kirchhofmauer:
Von den Mauern, die das Areal um den Turm heute auf drei Seiten einfassen und einst den Kirchhof umgaben, weist nur der Abschnitt auf der Nordseite, von der Nordwestecke bis etwa zur östlichen Flucht der modernen Friedhofshalle, ein höheres Alter auf. Sein Mauerwerk ist zweischalig aufgebaut, wobei die schmale Kernfüllung teilweise völlig ausgewittert ist. Oberndrauf liegen große, aus Tuffstein gefertigte Platten mit flacher Neigung nach beiden Seiten. Das Mauerwerk besteht aus einem regellosen Verband aus Bruchsteinen, Lesesteinen und Kalksteinwacken sowie einem Anteil an Hohlziegelbruch. Der braune Mauermörtel enthält Kalkspatzen. Damit weist es dieselbe charakteristische Zusammensetzung wie die unteren Geschosse des Turms auf und dürfte im Rahmen derselben Baumaßnahme errichtet worden sein. Die übrigen Mauerzüge sind jüngeren Datums. Es ließ sich nicht erkennen, ob diese an der Stelle der früheren Mauer verlaufen und diese nur ersetzt haben oder ihre Neuerrichtung möglicherweise in der Veränderung des Mauerverlaufs ihre Ursache hatte.

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