Sog. Haus Bühler, Doppel-Wohnstallhaus aus Öschelbronn
Datenbestand: Bauforschung
Objektdaten
Straße: | Stuttgarter Straße |
Hausnummer: | 6 |
Postleitzahl: | 71126 |
Stadt-Teilort: | Öschelbronn |
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Regierungsbezirk: | Stuttgart |
Kreis: | Böblingen (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8115016002 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Objektbeziehungen
Ist Gebäudeteil von: | |
1. Gebäudeteil: | Freilichtmuseum Beuren, In den Herbstwiesen |
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Besteht aus folgenden Gebäudeteilen: | |
keine Angabe |
Bauphasen
Das Wohnstallhaus aus Öschelbronn (Gäufelden) blieb in weiten Teilen in seiner ursprünglichen Form nebst baufester Ausstattung erhalten, was die Rekonstruktion des Erbauungszustandes um 1799 (i, d, a), im Rahmen der bauhistorischen Dokumentation und motiviert durch die angestrebte museale Nutzung des Gebäudes, erleichterte. Bedeutende bauliche Veränderungen in der Folgezeit betrafen vor allem die Erneuerung bereits vorhandener Wände, die Feuerstellen sowie einige Eingriffe in die Raumanordnung untergeordneter Bereiche im Erd- und den Obergeschossen. Sie wurden im wesentlichen gegen Ende des 19. Jh.s (a) und in den Jahren zwischen 1927-1931 vorgenommen (i).
Die spärliche Aussagekraft der Schriftquellen erwies sich insb. für das 19. Jh. als misslich. In diesem Fall boten sich mit Übergaben 1870/74 (vgl. Hausbiographie, Bz. 8/7) zwar mögliche Anhaltspunkte für Renovierungsmaßnahmen an, die sich auch in ihren stilistischen und bautechnischen Merkmalen mit diesem Zeitraum decken könnten, doch stehen zur genaueren Datierung noch Detailuntersuchungen an den ganzteilig translozierten Wänden aus. Dagegen ließen sich die Veränderungen zwischen 1927-1930 anhand inschriftlicher Datierungen an Ausbauteilen und durch Mitteilungen von Gewährsleuten sehr gut einordnen.
Eine weitere Phase, die hauptsächlich die Oberflächengestaltung der Räume und die Fensterflügel des OGs betraf, fiel ziemlich exakt mit dem Jahr 1907 zusammen, in dem eine Hausübergabe, verbunden mit dem Einzug einer jungen Familie stattfand (vgl. Hausbiographie, Bz. 8/7).
Bauzustand I, 1799:
Name und Beruf des Erbauers und Erstbesitzers (vgl. Hausbiographie, Bz. 15) sowie das Baudatum des Gebäudes waren noch auf der den nördlichen Hauseingang bekrönenden Kartusche zu entziffern; unterstützt wird die Datierung durch einen Feierabendziegel und das dendrochronologische Gutachten im Bereich des Zwerchhauses sowie Archivalien.
Ein wesentliches Merkmal des Wohnstallhauses bestand in seinem spiegelsymmetrischen Aufbau, geschieden in zwei selbstständige Wohneinheiten, wenngleich dieser auf eine Nutzung durch zwei Familien ausgerichtete Plan bereits zur Erbauungszeit nicht zur Ausführung kam. Zum einen nennen die Quellen aus jener Zeit keinen weiteren Besitzer, zum anderen treten am Gebäude selbst Unstimmigkeiten auf.
Vorgängerbebauung konnte am Gelände selbst nicht konstatiert werden. Die Fundamente von Keller und EG-Umfassungswänden wurden direkt ins anstehende Material gesetzt, bevor Stallpflasterung und Steinplattenbeläge eingebracht wurden. So stammt der geräumige Keller bis auf Veränderungen an den Kellerhälsen vollständig aus der Bauphase I; darunter die Schließung der südlichen Öffnung bei der Erneuerung des Kellerhalses 1954 (a).
An der südlichen Giebelseite hatte das Gebäude sein ursprüngliches Aussehen weitgehend bewahrt: Sämtliche Umfassungsmauern des EGs sind aus Bruchstein gemauert und nur die breit scharrierten Sandsteinfassungen der Öffnungen und die Eckquaderungen traten aus der verputzten Fläche heraus. Das sehr regelmäßig angeordnete Fachwerk der darüber liegenden Geschosse war auf Sicht angelegt und wird trotz der Balken und Ausfachungen betreffenden Tünche auch zu einer gewissen Geltung gekommen sein. Auf besondere Schmuckformen wurde weitgehend verzichtet, wodurch ein strenger Gesamteindruck entstand, der allerdings durch die zahlreichen Fensteröffnungen aufgelockert wurde.
Schauseite war die aufwendig gestaltete Ost-Fassade mit vorkragendem, profiliertem Traufgesims. Auch wurden die Hauseingänge durch ihre profilierten Gewände und die bekrönenden Kartuschen besonders hervorgehoben.
Das bauzeitliche Aussehen der teilweise erneuerten Stalleingänge und -fenster lässt sich analog zu den Giebelseiten rekonstruieren. Sie besaßen einfache, scharrierte Einfassungen aus Sandsteinquadern, wobei selbige an der nördlichen Tür, die auch ihren Standort nicht verändert haben dürfte, noch fast vollständig erhalten waren.
An der West-Fassade waren die Öffnungen im EG, abgesehen von den gleichmäßig angeordneten Kellerfenster, nicht mehr bauzeitlich und von starken Veränderungen muss ausgegangen werden (gk).
Das Haus war mit drei Feuerstellen ausgestattet (vgl. Hausbiographie, Bz. 15). In den Küchen wurde mit offenem Feuer gekocht (Verrußungsspuren sowie Abarbeitungen am Rähm der mittleren Längsbundwand). Zur Konstruktion der Rauchschürzen, die in der Regel von der Decke abgehängt waren, fehlen durch die Ganzteiltranslozierung weitgehend die Befunde. Sie dürften aus Lehmflechtwerk oder Backsteinen gebildet gewesen worden sein. Ferner dürfen für die Entstehungszeit Backsteinkamine zu erwarten sein, die einen größeren Querschnitt als die vorhandenen aufwiesen. Die zugehörigen Schüröffnungen, von denen aus die Hinterladeröfen der Stuben beschickt wurden, konnten durch Putzsondagen ermittelt werden-
Bauzustand II, 19. Jh.:
Erst gegen Ende des 19. Jh.s fanden tiefergreifende bauliche Veränderungen statt. Sie zogen sich bis Anfang des 20. Jh.s. Eine exakte zeitliche Einordnung war nicht mehr möglich.
Bauzustand III, 1907:
In dieser Zeit erhielten diverse Stubenkammern im 1. OG einen vollflächigen Verputzt und randstuckierte Decken in Angleichung an die südliche Stube. Die drei Räume wurden darüber hinaus mit Jugendstiltapeten ausgestattet, die anhand der zu ihrer Verstärkung dienenden Zeitungsmakulatur datiert werden konnten. Stuben- und Stubenkammern bekamen neue Fußböden aus Pitchpine.
Bauzustand IV, 1927/31:
Diese Renovierungsphase wurde durch den Tod des alten Schultheißen Johann Martin Bühler (vgl. Hausbiographie, Bz. 6/5) eingeleitet. Sein Sohn, der bereits die südliche Haushälfte besessen hatte, übernahm nun auch die nördliche Haushälfte. Es wurden infolge die Küchen modernisiert (Einbau der angetroffenen Kamine und Spülsteine; Installation der Wasser- und Elektroleitungen; Erneuerung der Fußböden).
Das Gebäude wurde im Jahr 1990/91 für das Freilichtmuseum abgebaut und ist derzeit in einem Schuppen auf dem Museumsgelände eingelagert bzw. aktuell im Aufbau. Das Foto (Startbild Nr. 1) zeigt das Gebäude an seinem ursprünglichen Standort in Gäufelden-Öschelbronn (Landkreis Böblingen).
Vgl. http://www.freilichtmuseum-beuren.de/museum/rundgang/haus-aus-oeschelbronn-im-aufbau-einlagerungsschuppen-oeschelbronn/ [22.10.2011].
(1799)
- Siedlung
- Dorf
- Ländl./ landwirtschaftl. Bauten/ städtische Nebengeb.
- Wohnstallhaus
(1870 - 1874)
(1907)
(1927 - 1931)
(1954)
(1980)
(1988 - 1991)
- Siedlung
- Freilichtmuseum
- Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
- Museum/Ausstellungsgebäude
Zugeordnete Dokumentationen
- Bauhistorische Dokumentation zur Translozierung
- Kulturwissenschaftliche Untersuchung (FOKUS)
- Bauhistorische und restauratorische Voruntersuchung
- Archäologische Sondagen
- Restauratorische Untersuchung
Beschreibung
- Siedlung
- Freilichtmuseum
- Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
- Museum/Ausstellungsgebäude
- Ländl./ landwirtschaftl. Bauten/ städtische Nebengeb.
- Wohnstallhaus
Zonierung:
Die Grundrisse von Erd-, Ober- und erstem Dachgeschoss zeigen die spiegelbildlich nahezu indentische Ausbildung der beiden Haushälften (Nord und Süd). Das Vorhandensein zweier Haustüren, zweier Hausflure und vor allem zweier Treppenhäuser (der Deckenöffnung zufolge existierte ursprünglich auch in der südlichen Hälfte ein Treppenlauf vom Erd- zum Obergeschoss) weist deutlich darauf hin, dass das Haus als Doppelwohnhaus für zwei Familien gebaut wurde. In jeder Haushälfte gelangte man durch die Haustür in einen geräumigen Flur, an dessen hinterem, d.h. westlichem Ende die einläufige Treppe zum Obergeschoss lag (heute nur noch in der nördlichen Hälfte vorhanden). Den größten Rest des EGs nehmen je zwei Stallräume ein, die allesamt sowohl vom jeweiligen Flur als auch von außen zugänglich sind.
Im Obergeschoss gruppieren sich in beiden Haushälften die Wohnräume L-förmig um den wiederum sehr geräumigen, jetzt aber in die westliche Haushälfte gerückten Flur. Die beiden ca. 27,5 m² großen, durch sechs Fenster gut belichteten Stuben liegen in der nordöstlichen und südöstlichen Hausecke, westlich schließen sich die Küchen an. Zwischen den Stuben verlängern zwei Schlafkammern die Flurzone nach Osten; sie sind die einzigen, nicht direkt vom Flur aus zugänglichen Räume des Obergeschosses.
Das 1. DG weist weitgehend die gleiche Aufteilung wie das OG auf. Die Treppenhausflure setzen nach Osten zwei Kammern fort. Sie liegen im Zwerchhaus und sind die einzigen von Anfang an ausgebauten Räume des Daches. Das 2. DG teilen nur noch drei Querwände in den Bundebenen II, III und IV, den Spitzboden schließlich nur die Trennwand zwischen den beiden Haushälften.
Unter der westlichen Haushälfte läuft ein im lichten Maß 4 m breiter, tonnengewölbter Keller von der Nord- bis zur Südwand durch. Er ist über eine lange Steintreppe von einem Tor in der östlichen Traufwand aus zugänglich, die genau auf der Mittelachse des Hauses liegt. Der Kellerhals schneidet in die beiden Erdgeschossflure ein, vom nördlichen Flur aus führt eine Tür direkt zur Kellertreppe.
Konstruktionen
- Steinbau Mauerwerk
- Bruchstein
- Mischbau
- Holzbau mit Gebäudeteil aus Stein
- Unterbau aus Stein (gestelzt)
- Verwendete Materialien
- Holz
- Putz
- Stein
- Stuck
- Dachform
- Satteldach
- Gewölbe
- Tonnengewölbe
- Wandfüllung/-verschalung/-verkleidung
- Lehmwickel
- Detail (Ausstattung)
- bemerkenswerte Wand-/Deckengestaltung
Die Dachdeckung besteht aus Biberschwänzen mit zwischengeschobenen Schindeln. Es überwiegen bei weitem alte Handstrichziegel, jüngere Maschinenprodukte sind nur stellenweise eingestreut. Am Dachfuß beider Traufseiten, etwa bis in Höhe der Aufschieblinge, wurden die Bierschwänze schon früher durch Falzziegel ersetzt. Die Dachflächen werden nur von drei in Backstein gemauerten Kaminen durchbrochen.
Keller:
Wände und Tonnengewölbe bestehen aus Bruchsteinmauerwerk. Die hoch sitzenden Fenster schneiden auf der Westseite mit tiefen Stichkappen in das Gewölbe ein; auch an den Schmalseiten sitzen sie oberhalb des Gewölbescheitels. Der lehmgestampfte Fußboden ist stellenweise mit großformatigen Steinplatten belegt.
Die lange und breite Zugangstreppe mündet von Osten her ebenfalls mit einer Stichkappe in den Keller. Oberhalb des Erdgeschossfußbodens wird der Kellerhals von einer schräg ansteigenden Flachdecke abgeschlossen, die heute in Beton erneuert ist. Das zweiflügelige Tor in der Flucht der Ostfassade stammt mit seinen barocken Zierbeschlägen aus der Bauzeit.
Erdgeschoss:
Im Erdgeschoss zeigen die meisten Wände frei liegendes, durchweg weiß getünchtes Fachwerk, nur einige Räume sind stellenweise vollflächig verputzt. Zur Bauzeit bestanden die Binnenwände ausschließlich aus Fachwerk und wurden erst nachträglich partiell durch Steinmauern ersetzt. Das mit Bruchsteinen ausgemauerte Fachwerk besitzt zur Aussteifung Schwelle-Rähm-Streben (mit Riegel-Streben-Verblattung), sonst nur Ständer und zwei Riegelketten.
Die Deckenbalken liegen ebenfalls frei, Blindböden und Füllungen fehlen.
Als Fußböden sind in den beiden Hausfluren großformatige Steinplatten verlegt; die Stallräume weisen Pflasterungen auf. Der Werkstatt- oder Abstellraum ist mit breiten Dielen ausgelegt.
In der nördlichen Haushälfte sind die originalen, hochsitzenden Stallfenster mit ihrer Vergitterung, teilweise sogar noch mit ihren Schiebeflügeln erhalten. Die Fenster der südlichen Haushälfte wurde allesamt in neuerer Zeit vergrößert, wohingegen sich dort noch die Haustür aus der Erbauungszeit erhalten hat. Jene aus der nördlichen Haushälfte stammt aus dem 20. Jh.
Besondere Erwähnung verdient die bis auf die Geländer wohlerhaltene Treppe ins OG: Eine Holztreppe mit eingestemmten Tritt- und Stoßstufen, deren unter Geländerpfosten mit ihrem spätbarocken Schwung und den flach eingeschnitzten, klassizistischen Ornamenflächen wie das ganze Haus die Übergangszeit um 1800 repräsentiert.
Obergeschoss:
Alle Räume sind an Wänden und Decken vollflächig verputzt, mit Ausnahme der vertäferten Stube. Einfache Stuckprofile am Deckenrand weisen vereinzelte Räume auf. An einigen Fehlstellen lässt sich weißes Fachwerk als ursprüngliche Wandbehandlung erkennen. Auch die Decken lagen zunächst frei; selbst die Lehmwickel scheinen zumindest in einigen Räumen erst nachträglich eingebracht worden zu sein.
Die meisten Böden sind jüngeren Datums, abgesehen von einem Steinplattenbelag, den noch ein einziger Raum aufweist. Ähnlich verhält es sich mit den Fenstern. Erwähnenswert sind die vier den Türen sehr ähnlichen, zweiflügeligen Klappläden auf der Westseite, deren Füllungen mit leider stark verwitterten Flachschnitzereien (Blumengebinde, Dorfansicht) versehen sind. Alle übrigen Fensterläden stammen aus dem frühen 20. Jh.
Wände und Decke der nordöstlichen Stube sind bis auf den massiven Abschnitt der Westwand (Brandwand) vollständig vertäfert.
Die Treppen zum Dach sind, anders als im EG, noch in beiden Haushälften vorhanden, ähnlich ausgeführt wie die bereits beschriebenen, jedoch hier zusätzlich mit den originalen Geländern aus über Eck gestellten Vierkantstäben und schräg gerillten Kugelaufsätzen auf den Geländerpfosten.
Dachgeschosse:
Da im 1. DG nur drei Räume zu Wohnzwecken ausgebaut sind, die übrigen aber wie die beiden oberen Geschosse als Speicher dienen, liegt die Dachkonstruktion im Wesentlichen offen. Zwei Kehlbalkenlagen teilen den Dachraum in zwei Geschosse und den Spitzboden, die untere wird von einem dreifachen, die obere von einem doppelten stehenden Stuhl getragen. Obwohl die Stützen im Innenraum allesamt in Bundwände (II-IV) integriert sind, ersetzen hier liegende Stuhlsäulen die Stuhlständer, die sich somit auf die Giebeldreiecke und die mittlere Stützenreihe im 1. DG beschränken. Die Queraussteifung übernahmen die Bundwände, deren Fachwerkgefüge dem der Erdgeschosswände entspricht. Das Zwerchhaus setzt sich aus einer Verlängerung der Bundwände II und IV bis zur östlichen Traufe und einer abschließenden Querwand mit hohem Giebeldreieck darüber zusammen. Der einheitliche Abbund belegt die gleichzeitige Entstehung vom Zwerchhaus und Hauptdach.
Spätbarocke Zierbeschläge weisen auch einige Türblätter im 1. DG auf, die teils mit echten, teils mit blinden Füllungen gearbeitet sind.
Einen unerwarteten Befund bietet die Trennwand zwischen den Räumen: Der mittlere Abschnitt ist als Feuerwand massiv gemauert und zeigt noch die Sandsteineinfassung einer später geschlossenen Heiztür. Diese liegt so, dass die Trennwand zwischen beiden Haushälften nicht durchlaufen konnte und tatsächlich gehört die verbindende Türöffnung bereits zum ursprünglichen Gefüge. Offenbar wurde von Anfang an auf einen vollständigen Abschluss der beiden Haushälften zueinander verzichtet, um sich die Anlage zweier getrennter Feuerstellen für die beiden Räume zu sparen.