Weberhaus aus Laichingen
Datenbestand: Bauforschung
Objektdaten
Straße: | Mohrengasse |
Hausnummer: | 53 |
Postleitzahl: | 89150 |
Stadt-Teilort: | Laichingen |
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Regierungsbezirk: | Tübingen |
Kreis: | Alb-Donau-Kreis (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8425071002 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Objektbeziehungen
Ist Gebäudeteil von: | |
1. Gebäudeteil: | Freilichtmuseum Beuren, In den Herbstwiesen |
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Besteht aus folgenden Gebäudeteilen: | |
keine Angabe |
Bauphasen
Das Weberhaus wurde 1677 (d) in Laichingen als freistehendes, eingeschossiges Wohn-Stall-Haus in Fachwerkbauweise über einer Grundfläche von ca. 9,65 x 9,65 m für eine Familie erbaut. Zum Weberhaus mit zwei getrennten Wohneinheiten wird es erst nach rund einem Jahrhundert umgebaut (um 1790). Damit einher ging der Einbau von flachgedeckten Kellern für die Nutzung als "Weberdunk". Die Besitzer bzw. Bewohner des Hauses reagieren damit auf veränderte ökonomische Bedingungen. Laichingen war im 18. Jh. zu einem Zentrum der Leineneweberei geworden. Die Handweberei hatte einen bedeutenden Aufschwung genommen. Doch mit dem Niedergang der Leinenweberei, der in Laichingen in den 1830er Jahren beginnt, setzt auch der soziale Abstieg der Bewohnerinnen und Bewohner ein.
Es war wohl nicht das erste Gebäude an der Stelle Mohrengasse 53, wie die archäologische Untersuchung ergab. Es existiere demnach ein Vorgängerbau, dessen Fußbodenniveau ca. 1 m unter dem Fußbodenniveau des translozierten Gebäudes lag. Die verschiedenen Ofen- und Feuerstellen weisen auf die Wohnfunktion des Vorgängerbaus (gk).
Das Laichinger Weberhaus wird während seiner knapp 300jährigen Beständigkeit in situ abgebaut 1989 (a) und knapp 25 Mal verkauft. Diese Häufigkeit war bedingt zum einen durch den "sozialen Abstieg" der Weber, was sich in der Belegungsdichte pro Besitzphase zeigt (18. Jh.: ca. 4,5 Personen, im 19. Jh. ca. 7 Personen, zw. 1816-39 sogar mind. 9 Personen); zum anderen durch die hohe Kindersterblichkeit, die innerhalb der Familien dieses Weberhauses bei über 50% liegt. Bauzustand und fehlende Modernisierungsmaßnahmen belegen die auf archivalischer Grundlage erhaltene Erkenntnis zusätzlich. D.h. das Leben im Weberhaus war bis ins 20. Jh. geprägt von vorindustriellen (überkommenen) Arbeits- und Lebensformen, die von der Handweberei, der Selbstversorgung durch Landwirtschaft und Gartenbau bestimmt ist.
Durch die Translozierung des Weberhauses ins FLM Beuren, worauf der LK Esslingen durch Presseveröffentlichungen aufmerksam wurde, konnte der Nachwelt eines der wenigen authentischen Zeugnisse der ehem. blühenden Leinenweberei und ein kulturhistorisch wertvolles Weberhaus aus dem Alb-Donau-Kreis gerettet werden. Auf diese Weise können der Arbeitsplatz der Handweber in der Weberdunke, hier im Keller, die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Weberfamilien anschaulich vermittelt werden.
Vgl. www.freilichtmuseum-beuren.de/museum/rundgang/weberhaus-aus-laichingen/ [22.10.2011], Steffi Cornelius und Barbara Wehling: Hausgeschichten. Ein Führer durch das Freilichtmuseum Beuren, hrsg. vom Landkreis Esslingen, Esslingen 1995, S. 62-65 und Steffi Cornelius: Kurzführer durch das Freilichtmuseum Beuren, hrsg. vom Landkreis Esslingen, Beuren 2004, S. 21.
(1677)
- Siedlung
- Dorf
- Ländl./ landwirtschaftl. Bauten/ städtische Nebengeb.
- Wohnstallhaus
(1708)
Anfang des 18. Jh.s werden an den Westgiebel des Hauses zwei weitere Häuser angebaut. Der gesamte Gebäudekomplex (sog. "Langes Haus") wird in dieser Zeit unter einer Gebäudenummer geführt (Nr. 148). In dem Gebäudekomplex existieren 1722 drei Wohneinheiten, die jeweils über eine Küche, eine heizbare Stube und andere Räumlichkeiten verfügen. Zudem werden zwei Weberdunken erwähnt.
(1722)
Das Gebäude besteht zu dieser Zeit aus drei ungeteilten Wohneinheiten, denn es gibt nur drei heizbare Zimmer (Stuben) und drei Küchen. Zwei Weberdunken existieren auch schon.
(1733)
Begründet wird die Hausteilung mit familienbiographischen, orts- und sozialgeschichtlichen Faktoren, darunter vor allem die kommunale Beschränkung zur Erbauung neuer Häuser, die noch bis ins 19. Jh. bestand; einerseits, der spezifische Haustyp "Weberhaus" andererseits, bei denen eine Aufstockung zwecklos war. Diese hätte zwar zusätzlichen Wohnraum geschaffen, nicht aber die zur Existenzsicherung notwendigen Wirtschaftsräume wie Stall oder Dunk, womit einzig die Möglichkeit blieb das Haus zu teilen.
- Obergeschoss(e)
(1775 - 1799)
Durch die Teilung des Hauses in zwei Wohneinheiten blieben jeder Familie im EG rund 47 m² Wohnfläche.
- Untergeschoss(e)
- Ausstattung
- Gewerbe- und Industriebauten
- Weberei, Weberhaus
(1792)
- Anbau
- Ländl./ landwirtschaftl. Bauten/ städtische Nebengeb.
- Scheune
(1808)
(1839)
- Erdgeschoss
(1918 - 1957)
1957 wird die Daniel-Mangold-Straße angelegt, wobei die Scheune und der Hofraum des Weberhauses dieser Maßnahme zum Opfer fallen. Ferner verändert sich dadurch die Lage des Hauses, das ursprünglich giebelseitig zur Mohren- oder Finsteren Gasse stand; zuletzt dann traufseitig.
Modernisierungen erfolgen im 20. Jh. allerdings kaum, darunter erscheinen die Entfernung des Strohdaches und Deckung vermittels Falzziegel sowie kleinere Baumaßnahmen im Bereich des Stalles nennenswert.
(1928)
- Erdgeschoss
(1989 - 1990)
(1999 - 2002)
- Siedlung
- Freilichtmuseum
- Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
- Museum/Ausstellungsgebäude
Zugeordnete Dokumentationen
- Bauhistorische und restauratorische Dokumentation zur Translozierung des Weberhauses
- Archäologische Sondagen als Grundlage für die bauhistorische Analyse
- Kulturwissenschaftliche Untersuchung (FOKUS)
Beschreibung
- Siedlung
- Freilichtmuseum
- Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
- Museum/Ausstellungsgebäude
- Ländl./ landwirtschaftl. Bauten/ städtische Nebengeb.
- Wohnstallhaus
Zonierung:
Die südliche Dachhälfte mit dem etwa in der Mitte sitzenden, mit einem neueren Kaminkopf versehenen Schornstein ist mit Betonfalzplatten eingedeckt, die Nördliche mit Falzziegeln.
Konstruktionen
- Wandfüllung/-verschalung/-verkleidung
- Backstein/Lehmziegel
- Lehmwickel
- Dachform
- Satteldach
- Verwendete Materialien
- Ziegel
- Holzgerüstbau
- Unterbaugerüst
Quadratisches Wohn-Stall-Haus mit steilem, zweigeschossig ausgebautem Satteldach mit Strohdeckung; großfeldrige Aufteilung der Wände mit verblatteten wie verzapften Holzverbindungen im Wandgefüge; Wandfelder mittels Lehmstakungen geschlossen, die in die Querhölzer genutet bzw. gebohrt waren; kein Nachweis von Geflecht; Ausfachungen vermittels Lehmbewurf, dem langes Stroh beigemengt war.
Aufteilung: drei Zonen quer zum First im EG und 1. DG mit vier Querbundebenen (von O nach W); die vier östlichen Joche waren durch eine Wand in der mittigen Längsbundebene getrennt, die beiden westlichen Joche erstreckten sich über die gesamte Haustiefe; Herd an der im nördlichen Teil der Querbundwand II, wodurch das nördliche Längsschiff in drei gleich große Räume unterteilt wurde; gegenüber der Haustür befand sich in der Mittellängswand die Küche; die 3. Zone des EG bildete der damals über die gesamte Haustiefe reichende Stall; 2 Kammern im DG über Stube und Stubenkammer; 2. DG vermutlich zu Lagerzwecken genutzt (Abteilung eines Raum in Fachwerk, durch den der Rauch der Herdstelle geleitet wurde); ein Kellerraum auf ca. 4,7 x 4,0 m mit Gewölbe in der NO-Ecke
Bauzustand II: Ende des 18. Jh.s
Bauliche Teilung des Hauses in zwei Wohneinheiten (d, a) durch die Schließung der Mittellängswand im 1. DG um 1785/86; Einbau von flachgedeckten Kellerräumen; Schließung der Mittellängswand im EG spätestens 1790 (a); Gewölbekeller von Osten verkürzt und mit einer Mauer aus Kalksteinen vom übrigen Keller getrennt.
Durch den Einbau des flachgedeckten Kellers wurde der Arbeitsraum für einen Weber eingerichtet. Die sog. "Dunke" hat einen Zugang über eine Falltür (ca. 4,0 x 4,0 m, Höhe 1,75-1,9 m; Fußboden aus gestampftem Lehm; gemauerte Abflussrinne als Tretlauf für die Pedale des Webstuhls).
Räumliche Einteilung im EG wohl vergleichbar zu jener im Abbauzustand 1989/90, jedoch veränderte Nutzung: Westlich der Stube lag die Küche, der Herd befand sich wohl in der NO-Ecke der Küche, ebenso wie ein Stall. Der Stall wurde von beiden Familien je zur Hälfte zum Einstellen des Viehs gebraucht
Südliche Haushälfte: Eingang im Süden (gk), von wo man den mittig angeordneten Flur betrat, der die Räume im EG erschloss und eine Treppe ins Dachgeschoss beinhaltete; Stube (wohl durch Hinterladerofen erwärmt; von der Küche aus gefeuert; vgl. Verrußung an der Nordseite des Wandfeldes in der Nordwestecke) in der östlichen Zone des EG, in der Nordhälfte die Stubenkammer.
Nördliche Haushälfte: Veränderungen im EG: Umbau der Kammer hinter der bauzeitlichen Stube wobei sie um ein Deckenfach vergrößert, die Tür zwischen den Räumen nachträglich mit Lehmstakung und Brustriegeln verschlossen und der Zugang verlegt wurde. Die ehem. Kammer wurde mit einem Hinterladerofen versehen sowie die Wände und Decken mit Vertäfelungen und einem Stubenkasten ausgestattet; der bauzeitliche Küchenraum wurde zur Flurküche umfunktioniert; Ausbau des Barns zu zwei Dachkammern; zweifach befensterter Keller war über eine Falltür erschließbar und mit gestampften Lehmboden versehen
Bauzustand III: Anfang 20. Jh.
Entfernung des Strohdaches und Erneuerung sämtlicher Sparren der Nordhälfte sowie ein Teil der Sparren der Südhälfte des Daches; keine weiteren Modernisierungsmaßnahmen außer 1928 als die Vergrößerung des sog. Stübles erfolgte und die Süd-, West- und Nordwand mit Hohlblocksteinen neu ausgeführt wurden. Damit blieb vom bauzeitlichen Wohn-Stall-Haus nur noch ein Raum im nördlichen Hausteil als Stall erhalten.
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An der Fassade des Gebäudes konnten Befundstellen mit bis zu 38 Fassungsoberflächen erstellt werden. Hierbei handelt es sich nicht unbedingt um Fassungen, die an der gesamten Fassade ausgeführt wurden, sondern es gibt gewiss einige Fassungen, deren Antragung nur bis zu einer, ohne Gerüst erreichbaren Höhe erfolgte.
Entsprechend erfolgte die Unterteilung in vier Phasen:
- Die erste Phase (Peroide 0) entspricht der frühesten feststellbaren Oberfläche (Ausfachungen mit Lehm-Strohgemisch und heller rötlicher Mörtel mit feinkörnigen Füllstoffen, der an Fachwerkbalken herangeputzt wurde und eine leichte raue, der feinen Körnung entsprechende Oberfläche aufweist; erste Fassung: heller Kalkanstrich und helle Fassung der Gebälke; zweite Schicht: kleiner Rest einer Graufassung (Bemalung?); auf diese Schichten folgen mehrere helle Anstrichschichten, die auch das Gebälk einbeziehen)
- die zweite Phase (Peroide I) stellt die nächste feststellbare größere Veränderung dar, die an den Ausfachungen sichtbar wird (Ausfachungen sodann in Ziegelmauerwerk mit hellem, feinkörnigen Mörtel mit Spreubeimengung, der an das Gebälk herangeputzt wurde; auf diesem Mörtel liegt eine helle, Ausfachungen wie Gebälk betreffende Fassung)
- in der dritten Phase (Peroide II) wurden die vorangehenden Oberflächen mit Picklöchern versehen und Mörtel- und Fachwerkbereiche überputzt (zwei unterschiedliche, nebeneinander verwendete Mörtelsorten, die einen hellen Anstrich tragen; auf diesen folgen mehrere helle, bläulich bis gelbliche Anstrichschichten mit zum Teil dazwischenliegenden Schlämmen)
- die vierte Phase (Peroide III) wird hauptsächlich durch die einschneidende Veränderung der Fassade im südwestlichen Bereich bestimmt (Neuaufmauerung des gesamten westlichen Bereichs der Südfassade: helle, rötliche Mörtelschicht auf Schwemmsteinmauerwerk mit körniger Oberfläche und leichter Bürstenstruktur; auf diese Mörtelschicht folgt eine helle, gelbliche Schlämme und eine hellblaue Fassung).