Haalstraße 5/7 (Schwäbisch Hall)

Datenbank Bauforschung/Restaurierung

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Scheuer aus Gärtringen

ID: 121257892818  /  Datum: 06.09.2011
Datenbestand: Bauforschung
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Objektdaten

Straße: Schmiedstraße
Hausnummer: 14a
Postleitzahl: 71116
Stadt-Teilort: Gärtringen

Regierungsbezirk: Stuttgart
Kreis: Böblingen (Landkreis)
Wohnplatzschlüssel: 8115015001
Flurstücknummer: keine
Historischer Straßenname: keiner
Historische Gebäudenummer: keine
Lage des Wohnplatzes: Lage des Wohnplatzes

Kartenansicht (OpenStreetMaps)

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Objektbeziehungen

Ist Gebäudeteil von:
1. Gebäudeteil: Freilichtmuseum Beuren, In den Herbstwiesen

Besteht aus folgenden Gebäudeteilen:
keine Angabe

Umbauzuordnung

keine

Weitere Objekte an diesem Wohnplatz

keine

Bauphasen

Kurzbeschreibung der Bau-/Objektgeschichte bzw. Baugestaltungs- und Restaurierungsphasen:

Als eine der letzten noch erhaltenen Unterfirstständerbauten im Mittleren Neckarraum steht diese Scheune für eine im Spätmittelalter weit verbreitete Konstruktionsweise. Sie wurde Ende des 15. Jh.s - so die Dendroanalyse - errichtet und erfuhr im Lauf der Jahrhunderte keine tiefgreifenden Umbauten, weswegen sie im FLM Beuren im Erbauungszustand wiederaufgebaut wurde. Infolge wurden die Gefachfelder mit Lehmflechtwerk geschlossen und ein Stroh-Lehm-Dach aufgezogen. Sie bildet dort mit dem gegenüberliegenden Hof Mannsperger aus Tamm (LB) ein Parallelgehöft, das das Eingangsensemble des Museums bildet. Die Scheune begrenzt zugleich die Terrasse der Gaststätte, beherbergt das "Museumslädle" und dient aufgrund ihrer großräumigen Struktur für Veranstaltungs- und Ausstellungszwecke.

Das restauratorische Gutachten von Lutz Walter, ergänzt sowie letztlich auch gestützt durch die bauhistorische und archäologische Untersuchung, legt fünf Bauphasen dar, die in eine relative Chronologie gebracht werden konnten. Sie lassen sich vor allem durch die unterschiedlichen Materialien, die zur Ausfachung verwendet wurden, voneinander unterscheiden (Mörtel, Mauerwerk, Putz und Farbfassungen). Eine absolute Datierung der Umbauphasen gelang aber weder durch die Aufarbeitung der Archivalien noch durch den Versuch einer dendrochronologischen Untersuchung der Reparaturhölzer.

Vgl.: http://www.freilichtmuseum-beuren.de/museum/rundgang/scheuer-aus-gaertringen/ [22.10.2011], Steffi Cornelius und Barbara Wehling: Hausgeschichten. Ein Führer durch das Freilichtmuseum Beuren, hrsg. vom Landkreis Esslingen, Esslingen 1995, S. 18-21 und Steffi Cornelius: Kurzführer durch das Freilichtmuseum Beuren, hrsg. vom Landkreis Esslingen, Beuren 2004, S. 8.


1. Bauphase:
(1495 - 1496)
Erste Bauphase:
Errichtung der Scheune im Frühjahr 1496 (d); Besitzer wie erster Bauherr unbekannt. Diese Erkenntnis, gewonnen aus einer dendrochronologischen Untersuchung, wird durch eine archäologische Untersuchung bestätigt (Keramikreste aus der 2. Hälfte des 15. Jh.s im Untergrund unter der Scheune sowie Fundamentreste eines direkten Vorgängerbaus unter dem Bereich des westlichen Einfahrttores, möglicherweise aus der Zeit um 1000).

Hist. Anm.: Übergang vom Geschoss- und Firstständerbau zum neuzeitlichen Stockwerkbau sowie die Zunahme verzapfter anstelle verblatteter Holzverbindungen, was deutlich wird an der gewählten Konstruktion des stehenden Stuhles mit überblatteten Steigbändern; eine typische Konstruktionsweise des ausgehenden 15. Jh.s
Betroffene Gebäudeteile:
keine
Lagedetail:
  • Siedlung
    • Dorf
Bauwerkstyp:
  • Ländl./ landwirtschaftl. Bauten/ städtische Nebengeb.
    • Scheune

2. Bauphase:
(1579)
Erste Nennung der Scheune im Gemeindeschreiber von Gärtringen im Jahr 1579 (a): "Scheüren oben im Dorff".
Zu dieser Zeit gehörte die Scheuer dem Gärtringer Schultheiß Veit Wencher. Ein Schultheiß war herrschaftlicher Beamter und vor allem für das Gebiet des Finanzwesens und der Rechssprechung zuständig. Veit Wencher zählte nach einer Steuerliste von 1545 zu den reicheren Bürgern des Dorfers. Bis 1694 bleibt das Gebäude im Besitz seiner Erben. Im Anschluss wechselten die Besitzer innerhalb kurzer Zeiträume mehrfach; die Scheune wird Spekulationsobjekt - dient als "Geldanlage" und finanzielle Sicherheit - und ist teilweise gar unter mehreren Besitzern aufgeteilt, gehört jedoch immer Angehörigen der dörflichen Oberschicht (Schultheißen, Handwerkern...).

Zur Besitzgeschichte vgl. die ausführliche Zusammenstellung von S. Rumpel [Hausbiographie] aus dem Jahr 1990.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

3. Bauphase:
(1800 - 1870)
Zweite Bauphase:
Aus dieser zweiten Bauphase stammt fast das gesamte jüngere Fachwerk der Fassaden sowie das des nordwestlichen EG-Einbaus, da sich dort überall noch Ausfachungen aus Bruchsteinmauerwerk in Lehmmörtel erhalten haben (gk). Diese Ausfachungen stellen die ersten feststellbaren Veränderungen gegenüber den bauzeitlichen Lehmflechtwerkausfachungen dar. Mittels eines Schätzungsprotokolles von 1870, worin bereits Wände aus "gemauertem und gezäumten Fachwerk" aufgeführt werden, kann diese Reparaturphase vor 1870 (terminus ante) datiert werden. Laut restauratorischem Gutachten gehört sie wahrscheinlich dem 19. Jh. an. Vgl. den Umbau auch mit dem Fund eines Dachziegels (Fundstück 1 in Dokumentation "bauhistorische Untersuchung"), der in der westlichen Dachhälfte verbaut wurde und laut Prägung ins Jahr 1817 datiert.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

4. Bauphase:
(1850 - 1900)
Dritte Bauphase:
Die dritte Bauphase datiert wohl auch noch ins 19. Jh. (gk, s). Diese Annahme resultiert aus der Begutachtung des jüngeren Fachwerks im Dachgeschoss der Südgiebelwand, wo sich ausschließlich Ausfachungen aus Bruchsteinmauerwerk in Kalkmörtel befinden.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

5. Bauphase:
(1870 - 1910)
Vierte Bauphase:
Für die vierte Bauphase sind am Gebäude ausschließlich Reparaturen an den Ausfachungen belegt (gk).
Ferner sind in dieser Zeit Veränderung der Raumaufteilung archivalisch belegbar (a), die entweder der dritten oder vierten Bauphase zuzurechnen ist: Im Schätzungsprotokoll von 1870 wurden als Gelasse eine Tenne, zwei Futterkammern und zwei Bärne aufgeführt. Im Schätzungsprotokoll von 1910 sind wiederum die Tenne und die beiden Bärne erwähnt, letztere werden hier als "erhöht" näher spezifiziert. Als Tenne dürfte damit die mittlere Scheunenzone bezeichnet sein, die erhöhten Bärne dürften sich in den äußeren Querzonen befunden haben. Statt der beiden 1870 erwähnten Futterkammern werden 1910 zwei Strohställe und eine Futterkammer sowie drei unbelegte Gebälke erwähnt, deren Lage jedoch wegen der nur knappen Auskünfte in den Schätzungsprotokollen nicht mehr rekonstruierbar ist.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

6. Bauphase:
(1920)
Einrichtung der Transmission mit Elektromotor im Zwischengeschoss des nordwestlichen EG-Einbaus, die nachträglich in das Schätzungsprotokoll von 1920 eingetragen wurde, das damit den terminus post quem für die Aufstellung der Transmission angibt (a).
Betroffene Gebäudeteile:
keine

7. Bauphase:
(1945 - 1999)
Fünfte Bauphase:
Die fünfte Bauphase datiert in die 2. Hälfte des 20. Jh.s (gk): Für die Gefachreparaturen und -vermauerungen wurden Ziegel- und Bims-Hohlblock-Steine in Kalk-Zementmörtel verwendet.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

8. Bauphase:
(1990 - 1995)
Abbau der Scheune in Gärtringen i.J. 1990 und anschließende Translozierung ins FLM Beuren; Wiederaufbau in den Jahren 1994/1995 (a).
Betroffene Gebäudeteile:
keine
Lagedetail:
  • Siedlung
    • Freilichtmuseum
Bauwerkstyp:
  • Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
    • Museum/Ausstellungsgebäude

Besitzer:in

keine Angaben

Fotos

Abbildungsnachweis
Ansicht der Scheuer im FLM Beuren / Scheuer aus Gärtringen in 71116 Gärtringen (http://www.freilichtmuseum-beuren.de/museum/rundgang/scheuer-aus-gaertringen/)

Zugeordnete Dokumentationen

  • Bauhistorische und archäologische Untersuchung; kulturwissenschaftliche Untersuchung
  • Bauhistorische Voruntersuchung
  • Restauratorische Untersuchung
  • Bauaufnahme

Beschreibung

Umgebung, Lage:
Zur Bauzeit war die Scheune in der Dorfmitte, im alten Ortskern von Gärtringen, zusammen mit einem Wohnhaus, einem Stall und einem Wasch- und Backhaus, Teil eines sog. "Hakengehöfts", dessen Nordseite ein zweistöckiges, giebelständiges Wohnstallhaus aus dem Jahre 1794 bildete. Rechtwinklig zu diesem befand sich im rückwärtigen Teil des Grundstücks die traufseitig zur Straße liegende Scheune, die den Hof nach Osten hin abschloss. Zwischen Wohnhaus und Scheune lag ein offener Schuppen. Als südlicher Hofabschluss fungierte ein an das südliche Drittel der Scheunen-Westfassade angebautes Gebäude aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Vor diesem Anbau befand sich ebd. - von 1824-1919 - ein Back- und Waschhaus.
Lagedetail:
  • Siedlung
    • Freilichtmuseum
Bauwerkstyp:
  • Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
    • Museum/Ausstellungsgebäude
  • Ländl./ landwirtschaftl. Bauten/ städtische Nebengeb.
    • Scheune
Baukörper/Objektform (Kurzbeschreibung):
Eingeschossiger Bau mit überhohem EG, der von einem steilen Satteldach (Neigung ca. 60°) gedeckt wird. Sein First verlief in Nord-Süd-Richtung. Die Traufhöhe des Gebäudes beträgt von der Oberkante des Fundamentes ca. 3,40 m. Bis zum First erreicht es eine Höhe von ca. 12 m. Alle vier Fassaden zeigen offen stehendes Fachwerk. Die Gefache waren ursprünglich verputzt und mit einer weißen Kalktünche versehen.
Innerer Aufbau/Grundriss/
Zonierung:
Die Scheune wurde auf einer rechteckigen Grundfläche von ca. 10,15 x 13,10 m errichtet und besitzt ein Bauvolumen von ca. 1083 m³. Im Innern ist sie unterteilt in zwei Schiffe und drei Zonen, wodurch im Grundriss sowohl im EG als auch in den beiden Dachgeschossen jeweils sechs Felder entstehen. Der EG-Raum besaß im ersten Bauzustand eine Innengliederung durch die aussteifenden Hölzer der Querbundebenen, eine Zwischendecke in der nördlichen Zone und eine weitere Zwischendecke im südwestlichen Feld. Im Zustand vor der Translozierung bestand lediglich ein jüngerer Einbau mit einer Zwischendecke im nordwestlichen Feld, dessen unteres Geschoss durch ausgefachte Fachwerkwände vom übrigen, nun kaum noch untergliederten EG-Raum abgeteilt war. Von den aussteifenden Hölzern der Querbundebenen blieben nur wenige Reste in der Südwand des Einbaus erhalten. In den beiden Dachgeschossen bestand noch die Raumstruktur der Erbauungszeit. Dort wirken sich lediglich die Bundebenen des Dachstuhls über denen des EG raumgliedernd aus.
Vorgefundener Zustand (z.B. Schäden, Vorzustand):
keine Angaben
Bestand/Ausstattung:
Abbundzeichen sind in unterschiedlicher Qualität erhalten, wobei sich, trotz Verwitterung, ein durchgängiger Abbund ablesen lässt (vgl. Tabelle im bauhistorischen Untersuchungsbericht, S. 38). Die Zählweise orientiert sich konsequent an den vier Querbundebenen, beginnend an der nördlichen Giebelwand. Die genaue Lage der Hölzer wird durch Beizeichen bestimmt. Es wurden mit der Stoßaxt ausgeführte kurze und lange Beilhiebe, die senkrecht, schräg oder waagerecht auf den Hölzern sitzen, sowie zu Quadraten zusammengefügte Hiebe verwendet.

Konstruktionen

Konstruktionsdetail:
  • Holzgerüstbau
    • Hochständergerüst
  • Dachform
    • Satteldach
  • Wandfüllung/-verschalung/-verkleidung
    • Backstein/Lehmziegel
    • Bruchstein/Wacken
    • Lehmwickel
  • Mischbau
    • Holzbau mit Gebäudeteil aus Stein
  • Verwendete Materialien
    • Putz
Konstruktion/Material:
Bei der Gärtinger Scheune handelt es sich um eine Firstständerkonstruktion, genauer um eine Unterfirstständerkonstruktion, da die Firstpfette ca. 1,50 m unterhalb des Firstpunktes liegt. Die vier über 10 m hohen, aus einem Holz gearbeiteten Firstständer reichen hinauf bis zu einem Querrähm, das knapp unter dem Dachfirst verläuft und das Dach trägt. Diese Konstruktion eines stehenden Dachstuhls mit überblatteten Steigbändern ist eine typische Form des 15. Jh.s

Alle vier Fassaden zeigen offen stehendes Fachwerk. Die Gefache waren ursprünglich verputzt und mit einer weißen Kalktünche versehen, wobei der Gefachaufbau vermittels Lehmflechtwerk, Bruchsteinmauerwerk sowie Bimsstein- und Ziegelmauerk erfolgte (verschiedene Bauphasen).

Ursprüngliche Nordgiebelwand:
Das Fachwerkgefüge der Nordfassade wird von dem mittigen Unterfirstständer geprägt, der aus einem Holz gearbeitet von der EG-Schwelle bis zur Unterfirstpfette unterhalb des Hahnenbalkens reicht. Dieser fast 10 m hohe Ständer wird vom EG-Rähm und vom Kehlbalken überblattet, wobei die Überblattungen durch je einen Holznagel gesichert sind. Ursprünglich kreuzte ihn mittig zwischen Kehlbalken und Hahnenbalken ein weiterer horizontaler Balken (Riegel), wie die Blattsassen am Ständer und die zugehörigen Sassen an den Sparren zeigen. Im EG ist noch in der westlichen Hälfte weitgehend das Fachwerk des ersten Bauzustandes erhalten. Mittig zwischen dem Unterfirstständer und dem Eckständer befindet sich ein Zwischenständer, der in die Schwelle eingezapft, an das Rähm jedoch mit einem Schwalbenschwanzblatt angeblattet ist. Die Anblattung ist durch zwei Holznägel gesichert. Zwei geschosshohe, in Schwelle und Rähm gezapfte Streben steigen bds. des Zwischenständers nach außen hin an. Am Rähm enden sie dicht neben dem Eck- bzw. dem Unterfirstständer.
Die Wandfelder zwischen den Ständern wurden dreifach verriegelt. Die Riegel sind in den Eckständer und den Unterfirstständer gezapft und hinterblatten die Zwischenständer sowie die Streben. An den Kreuzungspunkten zwischen Strebe und Riegel besitzen die Streben einen einfachen Versatz. Die Verbindungen der Riegel mit den Streben und den Ständern sind in den meisten Fällen durch einen Holznagel gesichert.
Aus einem späteren Bauzustand stammen der kurze Stiel zwischen dem unteren und dem mittleren Riegel westlich des Unterfirstständers, die beiden Stiele zwischen dem oberen Riegel und dem Rähmholz, die für den Einbau einer Luke angebracht wurden sowie die drei auf dem mittleren Riegel aufliegenden Balkenköpfe der Zwischendecke im nordwestlichen EG-Feld.
Ausfachungen des ersten Bauzustandes aus Lehmflechtwerk blieben noch partiell in den drei oberen Riegelfeldern erhalten, der Gefachaufbau des unteren Riegelfeldes besteht dagegen weitgehend aus Bruchsteinmauerk das aus einer späteren Bauphase stammt. [...] (ausführliche Forsetzung der Konstruktionsbeschreibung in der bauhistorischen Untersuchung durch Armin Seidel/Denkendorf, Thomas Schmid/Stuttgart [u.a.], vgl. bauhistorischen Untersuchungsbericht in gleichnamiger Dokumentation).

Holzarten:
Alle noch aus dem ersten Bauzustand stammenden Hölzer bestehen nachweislich aus bebeiltem Eichenholz. Für spätere Reparaturen oder Einbauten nutzte man hauptsächlich Nadelhölzer, es wurden jedoch vereinzelt auch Eichenhölzer aus dem ersten Bauzustand wiederverwendet sowie neue Eichenhölzer (gesägt) verbaut. So bestehen die aus einem Umbauzustand stammenden Deckenbalken des EG aus gesägter Eiche.

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