Schloss Rechenberg
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
Objektdaten
Straße: | Zum Schloss |
Hausnummer: | 7 |
Postleitzahl: | 74597 |
Stadt-Teilort: | Stimpfach |
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Regierungsbezirk: | Stuttgart |
Kreis: | Schwäbisch Hall (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8127076049 |
Flurstücknummer: | 126 |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: | |
Geo-Koordinaten: | 49,0470° nördliche Breite, 10,1422° östliche Länge |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Wohnhaus, Badtorweg 6 (74523 Schwäbisch Hall)
Wohnhaus, Im Weiler 26 (74523 Schwäbisch Hall)
Wohnhaus, Klosterstraße 2 (74523 Schwäbisch Hall)
Fachwerkhaus, Nonnenhof 4 (74523 Schwäbisch Hall)
Bauphasen
Am heutigen Baukomplex deuten einige Spuren auf ein hohes Alter der Anlage hin. Neben den großformatigen Steinblöcken mit Zangenlöchern, die sich besonders an der wenig durch Überputzungen entstellten Ost- und Nordseite des Ostflügels zeigen, sind die Kantenmauerungen des polygonalen Gesamtgrundrisses und die vorzufindenden Wandstärken deutliche Hinweise auf eine Entstehung der Anlage im mittleren 13. Jh. (1235 – 65 ?).
Nach den Kategorisierungen der modernen Burgenforschung handelt es sich bei der Burg Rechenberg um eine „Eckburg“, die an einer sich anbietenden, steil abfallenden Knickkante gewissermaßen „aus dem Gelände geschnitten“ wurde, indem man einen gebogenen Graben als Gegenstück der abknickenden Hangkante aus dem Gelände schürfte und das dabei gewonnene Steinmaterial gleich an Ort und Stelle zu einer Ummauerung des entstehenden Geländekegels nutzte.
Die dem Ort zugewandten Grabenkanten in Rechenberg müssen als künstlich geschaffene, einst senkrechte Felswände des mit dem Bau der Burg entstandenen Steinbruches verstanden werden, um den ursprünglich geschaffenen Zustand zu begreifen. Für Fußtruppen oder Reiter waren solche Felswände nicht einfach zu überwinden; da die zeitgleich geschaffenen Gräben rund 10 m tief und über 20 Meter breit angelegt waren.
Gegen den Graben und damit gegen den möglichen Bereich eines Angriffs wurden mit dem Burggebäude grundsätzlich noch zusätzlich so hoch aufragende Steinwände gestellt, dass es für einen Bogenschützen unmöglich wurde, einen platzierten Pfeilabschuss mit durchschlagender Wirksamkeit in das Burginnere abzusetzen.
Aus der Baugeschichte von Burg Rechenberg erschließen sich für den Eigentumszeitraum 1532 - 1587 des Heinrich Steinhäuser von Neidenfels die wesentlichen Umgestaltungen der Anlage in ihr heutiges Aussehen.
1953-2018 diente die Burg als Jugendherberge.
(1235 - 1265)
- Burganlage
- allgemein
- Befestigungs- und Verteidigungsanlagen
- Burg, allgemein
(1533)
Über dem südlichen Burghofzugang (heutige Eingangstür) ließ Steinhäuser im selben Bauvorgang einen altanenartigen Überbau anbringen.
Steinhäuser ließ beim Umbau des Ostflügels die massiven Außenmauern des/ der? Kerngebäude(s) stehen und den gesamten Innenaufbau erneuern. Die Kellereinwölbung könnte allerdings bereits aus früheren Umbauten bestanden haben.
Der unregelmäßige Kellergrundriss im Steinbau erzählt von der Zusammenlegung von vermutlich zwei Vorgängerstrukturen zu einem Raum mit anschließender Überwölbung. Der Entstehungszeitpunkt des Gewölbes ist wegen seiner Verputzung und den jüngeren Veränderungen im Raum nur mit sehr umfangreichen Untersuchungen näher zu klären.
Ab dem Erdgeschoss ließ Steinhäuser eine Innenquerwand und vermutlich ein zwischenzeitlich abgegangenes Stützentragwerk sowie eine neue Decke einbauen, auf welcher im ersten und zweiten Stock dieselben Strukturen entstanden.
Im 2. OG entstand an der Südseite ein saalartiger Raum mit entsprechenden Fenstern nach Süden und Osten.
(1571)
Im Erdgeschoss des Südflügels entstanden 1571 zum Burghof hin drei steinerne Bögen, welche die Südwestecke des Steinbaus mit der Südostecke des heute nicht mehr vorhandenen Westflügels verbanden.
(1953 - 2018)
- Anlagen für Handel und Wirtschaft
- Jugendherberge
Beschreibung
- Schlossanlage
- allgemein
Im Osten der Anlage steht der Pallas. Dabei handelt es sich um einen viergeschossiges Bau, mit massiven Erd- und zwei Obergeschossen und oberem Fachwerkgeschoss. Das Satteldach mit Schopfwalm ist dreigeschossig.
Zonierung:
Die Lagerflächen dienten zur Unterbringung des Hausrats und zur Deponierung von Handelsgut (das eigentliche Kapital eines Rittergutes waren die Naturalabgaben, die für den Verkauf in sicheren Räumen gesammelt werden mussten und von hier aus dann abverkauft wurden).
Den heute als Küche und Speisesaal genutzten Flächenbereich im 2. OG müssen wir uns als relativ dunkel gehaltenen großen Raum mit einer einzigen massigen Stütze in seiner Raummitte vorstellen. Dieser Raum beinhaltete lediglich an seiner Südwestecke den unabgetrennten Einbau einer Treppe in das 3. OG und möglicherweise einen Schürkasten für die Ofenheizung (Hinterladersystem) des südlichen Saals.
Im 3. OG lagen die eigentlichen Wohnräume des Hausherrn. Nördlich eines breiten Mittelflures liegt auf der Nordostecke eine behagliche Stube, an welcher einst nach beiden Hausseiten großflächige Fenstererker an den Fachwerkwänden vorhanden waren.
Eine ähnliche Fensteranlage befand sich an der Ostwand im Bereich eines wohl deutlich größeren Raumes, der vielleicht so groß wie der darunter gelegene Saal gewesen ist.
Die nördliche Mantelwand war zu Steinhäusers Zeiten noch wesentlicher Bestandteil der Gesamtanlage und mindestens so hoch vorhanden, dass ein Zugang aus dem dritten Obergeschoss des Haupthauses bequem möglich war.
Somit erhebt sich über der Burggrabensohle an der Nordseite in der Mitte des 16. Jh. noch eine Wand mit mindestens 15 m Höhe (!) und lässt die Gesamtanlage noch deutlich als „Burg“ erscheinen.
Kurz nach der Begehung am 09.02.2011 hat sich ohne Fremdeinwirkung eine Mauerpartie an der Nordseite der Burganlage aufgelöst. Möglicherweise hat Wurzeldruck von längst entferntem Bewuchs den Schaden einer Schalenabspaltung ausgelöst. Die mit der Verrottung der verbleibenden Wurzel entstehende „Humuszelle“ innerhalb des Mauerkörpers lagert Oberflächenwasser ein, welches zu Frostzeiten gefriert und mittels Frostsprengung den Mauerkörper mehr und mehr auseinander treibt. Gerade in den Tauperioden löst sich der Verband dann vollends auf.
Feuchtigkeitsschäden am Mauerwerk durch Wasserdampf aus dem Gebäude:
An der Erdgeschoss-Nordpartie des Hauptgebäudes fallen erhebliche Schäden am Außenmauerwerk auf, welches hier immerhin 140 – 160 cm dick ist. Die Ursache dieser Entwicklungen liegt in den seit Jahrzehnten in diesem Bereich untergebrachten Mannschaftsduschen und der vollflächigen Wandfliesung an der Innenseite der Außenwände. Die Wasserdampfbelastung und die jahreszeitlich bedingt unterschiedlichen Mauerwerkstemperaturen dieses Bereiches sind so gegensätzlich, dass die Steine und Mörtelfugen der Außenwände durch Frostbruch bröselig geworden sind und sich teilweise in Auflösung befinden.
Allerdings ist davon auszugehen, dass diese Außenwände einst nicht für ein Gebäude gedacht waren, sondern erst mit dem im ausgehenden 16. Jh. aufgesetzten Fachwerkstock und dem darüber aufgerichteten mächtigen Dach zu einem Gebäude umgebaut wurden. Für die ältere Phase kann aus den bisher erkennbaren Versatzstücken ein turmartiges Gebäude im Verband mit einem steinernen Haus (Palas) angenommen werden.
Konstruktionen
- Mischbau
- Obergeschoss(e) aus Holz
- Dachform
- Satteldach mit Halbwalm-/Zweidrittelwalm
- Satteldach mit Schopfwalm (Krüppelwalm)
- Turmhelm
- Steinbau Mauerwerk
- allgemein
Die Konsequenz der Aufstockung war auch die Erfordernis eines neuen Dachwerkes über dem erhöhten Burggebäude, welches der bislang unbekannte Zimmermann mit einer Dachneigung von 56 Grad aufschlug und mit drei Lagerböden ausstattete. Die dabei verwendeten Holzquerschnitte (und Holzmengen) sind beachtlich und zeugen wiederum von der buchstäblichen Verarbeitungen eines ganzen Waldes, um die Bauaufgabe zu lösen. Unter den Biberschwanzziegeln finden sich 24 Sparrenpaare aus jeweils 10 Meter langen Tannenhölzern, die auf liegenden Stuhlgebinden in zwei Dachetagen über einem nicht regelmäßigen Rechteck errichtet worden sind.
Die beiden Giebelseiten sind wie die Innenbundachsen in beiden Dachetagen als liegende Gebinde hergestellt und lediglich mit Wandfachwerk gefüllt worden. Die Queraussteifung übernehmen aufgeblattete Büge, die in der für die Zeit um 1550 typischen Manier von den Stuhlsäulen über die Spannriegel und Kehlbalken hinaus geblattet worden sind und den Sparren nicht mehr mit übergreifen.
Die Längsaussteifung wird über eine rautenartig verflochtene Verstrebung je Dachzone hergestellt. Diese Konstruktionsart wird überwiegend in stark belasteten Dachböden (Fruchtkästen, Zehntscheunen o. ä.) angewandt.
Das Dachwerk zeigt eine durchgängig ungestörte Bundzeichenfolge und ist durchgängig „scharf“ gezeichnet. Es entstand in einem Zug mit dem 3. OG und den Innenstrukturen der Tragwerke und Decken über den Vollgeschossen
Im Winter 1532/ 33 (d) schlugen die Holzhauer in den umliegenden Wäldern die Tannenhölzer für diesen gewaltigen Fachwerk- und Dachaufbau auf dem Ostflügel der Burg Rechenberg, woraus – nebenbei bemerkt – auch hervorgeht, dass Heinrich Steinhäuser von Neidenfels, der den Besitz erst 1532 erworben hatte, umgehend auf der damals schon drei Jahrhunderte alten Burg Tatsachen schuf: Er wandelte die Anlage mit dieser Aktion zum Schloss um.