Schlacht- und Viehhof
Datenbestand: Bauforschung
Objektdaten
Straße: | Alter Schlachthof |
Hausnummer: | 1-59 |
Postleitzahl: | 76137 |
Stadt-Teilort: | Karlsruhe |
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Regierungsbezirk: | Karlsruhe |
Kreis: | Karlsruhe (Stadtkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8212000046 |
Flurstücknummer: | 2370, 2370/1-4, 2369, 2367 |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Bauphasen
Der Schlacht- und Viehhof der Stadt Karlsruhe wurde als Ersatz für das zu klein gewordene ältere Schlachthaus an der Leopoldstraße errichtet nach Planungen seit 1883 in den Jahren 1885-86 außerhalb der damaligen Oststadtbebauung auf einem weitläufigen Gelände südlich der Durlacher Allee. In Betrieb genommen im Frühjahr 1887. Entwurf und Leitung der Bauarbeiten durch Stadtbaurat Wilhelm Strieder (1848-1913), dem damaligen Leiter des Städtischen Hochbauamts.
Komplexe Gebäudegruppe, den französischen Schlachthoftypus mit zahlreichen Einzelbauten aufgreifend. Der Viehhof ist getrennt vom Schlachthof durch die von Einfriedungsmauern gesäumte Schlachthausstraße, die von der Durlacher Allee her die Anlage mit einer halbkreisförmigen Platzanlage von repräsentativem Zuschnitt erschließt. Bei den Verwaltungsgebäuden sowie dem im Zentrum des Platzes stehende und von einem Uhrentürmchen bekrönte Gasthaus handelt es sich um Bauten mit anspruchsvollen Haussteinfassaden aus gelbem Sandstein in Form der Neorenaissance italienischen Vorbilds. Die südlich anschließenden axial und teilweise symmetrisch angeordneten Funktionsgebäude (Schlacht- und Markthallen sowie Ställe für die verschiedenen Tierarten, Dienstwohnungen etc.) einheitlich in Quadermauerwerk aus rotem Sandstein mit gelben Haussteingliederungen errichtet. Bemerkenswert die sorgfältige Bearbeitung bis in die gestalterischen Details, etwa beim profilierten Holzwerk der aus Temperaturgründen weit ausladenden Dächer.
Die Symmetrie der Hauptfront wurde durch Erweiterungsbauten im Westen aufgegeben.
1905 errichtete Strieder neben dem westlichen Verwaltungsgebäude eine Direktorenvilla mit Terrasse, die sich stilistisch weitgehend an den benachbarten Verwaltungsgebäuden orientiert.
Die Striederischen Bauten, die bis 1912 errichtet wurden, sind mit ihren weit ausladenden Dächern und den rötlichen Sandsteinfassaden noch der französisch beeinflussten Anlage von Einzelbauten im sog. „Pavillionprinzip“ Strieders verpflichtet.
1912 wurde der Kleinviehhallenkomplex ergänzt durch eine zweigeschossige Wiegenhalle mit rechtwinklig zu den vorhandenen Firsten angeordneter Dachrichtung. Die Konstruktion dieser Halle stützt sich mit Ausnahme der risalitartig ausgebildeten Giebelwände auf die Außenwände der bestehenden Hallen ab. Das Äußere der nun entstandenen Hallenkombination zeigt wiederum unverputzte Sandsteinwände, Hausteingliederungen an den Ecken und binderbetonenden Lisenen. Die Rehmprofile der Fenster sind als Zierelemente mit Sichtbogen und Scheitelstein ausgebildet. Betont sachlich wirken dagegen die aus dem Dachkranz des Erdgeschosses herauswachsenden, in Holz konstruierten inneren Hallen mit ihren stützengegliederten feinsprossigen Glaslichtbändern. Die 1914 westlich angefügten Gebäude – Schweineschlachthaus, Kessel- und Maschinenhaus – ordnen sich nur noch im Farbton des Sandsteins den benachbarten Bauten an der Allee unter. Ihre Fassaden sind mit durchgehenden vertikalen Fensterbahnen funktional gegliedert und durch abschließenden Dreiecksgiebel formal beruhigt. Die Bauten von Beichel sind vom Jugendstil geprägt, die Bauten der 1920er Jahre können die Zeit der Neuen Sachlichkeit nicht leugnen. Mit der Schweinemarkthalle von 1927 endet die Zeit der Pavillonbauten und der Satteldächer. Die später errichteten Gebäude verunklären die bis dahin noch recht klar gegliederte Anlage. In der Nachkriegszeit wurde die Großviehhalle abgebrochen.
Die „Hochzeit“ des Fleischkonsums in den 1960er und 1970er Jahren erforderte entsprechende Erweiterungen des Schlachthofes. Inzwischen haben sich in einigen Bauten, die für den Schlachthof nicht mehr erforderlich sind, andere Nutzer angesiedelt.
Das Aussterben der kleinen Bauernhöfe machte allmählich den Viehhandel überflüssig, der Viehhof wurde 1990 geschlossen. Seine Bauten werden teilweise von Kfz-Firmen genutzt, in den kleineren Markthallen hat das „Tollhaus“ seit 1992 eine Heimstätte gefunden. Absehbar ist auch das Ende des Schlachthofes, da die Zahl der Schlachtungen immer weiter zurückgeht.
Die Bauten, die bis 1925 errichtet wurden stehen unter Denkmalschutz und sollen als Zeugnis des städtischen Schlachthauses auch nach seiner möglichen Schließung erhalten bleiben.
Zum Jahresende 2006 folgte die Stilllegung des Schlachthofes. Das Gelände soll städtebaulich neu orientiert und zum „Kreativpark“ ausgebaut werden.
(1883 - 1887)
- Wohnbauten
- Wohnhaus
- Anlagen für Handel und Wirtschaft
- Gasthof, -haus
- Markthalle, Messe
- Gewerbe- und Industriebauten
- Schlachthof
(1904 - 1905)
- Wohnbauten
- Wohnhaus
(1912 - 1914)
1914 wurden westlich an die Direktorenvilla Schweineschlachthaus, Kessel- und Maschinenhaus angefügten. Sie ordnen sich nur noch im Farbton des Sandsteins den benachbarten Bauten an der Allee unter. (a)
(1920 - 1927)
- Anlagen für Handel und Wirtschaft
- Markthalle, Messe
(1945 - 1955)
(1960 - 1970)
(1990 - 1992)
- Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
- Kino, Konzert-, Theaterhaus, Oper
- Gewerbe- und Industriebauten
- Werkstattgebäude
(2006 - 2010)
Zugeordnete Dokumentationen
- Baudokumentation
Beschreibung
- Siedlung
- Stadt
- Wohnbauten
- Wohnhaus
- Anlagen für Handel und Wirtschaft
- Gasthof, -haus
- Markthalle, Messe
- Gewerbe- und Industriebauten
- Schlachthof
- Ländl./ landwirtschaftl. Bauten/ städtische Nebengeb.
- Stallgebäude
Zonierung:
Eine hinter dem zentralen Gebäude liegende Mittelachse, die Schlachthausstraße, unterteilt die Anlage in zwei Bezirke, den östlichen Viehhof und den westlichen Schlachthof. Zwei einander gegenüberliegende Stallgebäude hinter dem Mittelbau betonen die Mittelachse der Schlachthausstraße zusätzlich. Die übrigen Bauten der Gesamtanlage wahren zwar untereinander symmetrische Bezüge, geben nach Größe und Ort die einheitliche Ordnung jedoch zugunsten reiner Zweckdienlichkeit auf.
Die repräsentativen, rechteckigen Frontbauten sind zweigeschossig erbaut. Bei den Zweckbauten im rückwärtigen Teil der Anlage handelt es sich um erdgeschossige längliche Hallenbauten mit und ohne Querhaus.
Konstruktionen
- Verwendete Materialien
- Stein
- Ziegel
- Dachgerüst Grundsystem
- Balkendach mit Rofen und liegendem Stuhl
- Balkendach mit Rofen und stehendem Stuhl
- Gewölbe
- Preußische Kappen
- Tonnengewölbe
- Dachform
- Satteldach mit beidseitigem Vollwalm
- Spitzgaube(n)/Lukarne(n)
Die Pfettendächer mit dreifach stehendem Stuhl sind mit weit ausladenden, flach geneigten Walmdächern überdacht. Die Direktorenvilla ist mit einem Pyramidendach überdeckt.
Die Treppenhäuser aller repräsentativen Gebäude sind nach dem gleichen Schema gebaut: vom KG zum EG aufliegende Naturwerksteintreppe mit Zwischenpodest am Eingang; vom EG zum OG eingespannte Naturwerksteintreppe mit eisernem Geländer, Podest Kappendecke; vom OG zum DG eingestemmte Holztreppe mit Holzgeländer, Podest Balkendecke.
Die meiste funktionellen Ziegel- oder Sandsteinbauten der Schlacht- und Stallgebäude besitzen ein Sattel- oder Flachdach. Nur die zweigeschossige Vorkühlhalle für Kleinvieh und Schweine ist mit Walmdach, das im Norden und Westen zum Zwerchwalmdach wird, überdeckt. Das Walmdach wird von einem fünffach stehenden Pfettendach getragen. Die Außenwände sind einheitlich in Quadermauerwerk aus rotem Sandstein mit gelben Haussteingliederungen (Pfeilervorlagen, Lisenen, Sockel und Trauflisene mit kanneliertem Hieb, Tympana) errichtet.
Die Schlacht- und Viergebäude sind als Hallenkonstruktionen mit und ohne Querhaus erbaut, deren Längs- und zum Teil auch Frontseiten mit binderartigen Strebepfeilern verstärkt und gegliedert sind. Die massiven Fenster- und Türeinfassungen setzen sich mit ihrem hellen Sandstein, mit Buckelquaderbesatz und Rahmprofil deutlich als Zierglieder von dem einfachen konstruktiven Gerüst des Baukörpers ab. Zusätzlich wurden die Gebäudeecken hervorgehoben, Giebelsimse und Rundfenster wurden als gliedernde Elemente hinzugefügt und bei vorragenden Holzdächern wurden Verzierungen an den Überständen angebracht, die traditionellen Volksbauweisen entlehnt sind.
Das Tragsystem besteht aus doppelten T-Trägern, die auf den längst gliedernden Gussstützen mit reichen Kapitellen, mit Wulst und gestalteter Basisverstärkung ruhen. Eine Kappendecke überdeckt dieses Tragesystem. Der Dachstuhl besteht aus Sparren auf Pfettendach mit mehrfach stehendem Stuhl.