Wohn-und Geschäftshaus
Datenbestand: Bauforschung
Objektdaten
Straße: | Stuttgarter Straße |
Hausnummer: | 19 |
Postleitzahl: | 72555 |
Stadt-Teilort: | Metzingen |
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Regierungsbezirk: | Tübingen |
Kreis: | Reutlingen (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8415050005 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Martinskirche, ev. Stadtkirche (72555 Metzingen, Bei der Martinskirche)
Wohnhaus, Friedrichstraße 23/1 (72544 Metzingen)
Eindach-Bauernhaus (72555 Metzingen, Gustav-Werner-Straße 21)
ehem. Badehaus, Hofstraße 1 (72555 Metzingen)
Wohnhaus, Hofstraße 1 (72555 Metzingen)
Wohn- und Geschäftshaus (72555 Metzingen, Metzgerstraße 5)
Rathaus II (72555 Metzingen, Nürtinger Straße 1)
Wohnhaus, Nürtinger Straße 7 (72555 Metzingen)
Schlössle (72555 Metzingen, Pfleghofstraße 41)
Fachwerkhaus (72555 Metzingen, Schlossstraße 26)
Hopfendarre (72555 Metzingen, Schlossstraße 14)
Wohn- und Geschäftshaus (72555 Metzingen, Schlossstraße 28)
Altes Rathaus (72555 Metzingen, Stuttgarter Straße 2-4)
ehem. Wohnhaus (72555 Metzingen, Wilhelmstraße 54)
Bauphasen
Bei dem Gebäude Stuttgarter Straße 19 handelt es sich im Kern um ein spätmittelalterliches Bürgerhaus aus dem 16. Jh. (1549, d).
Seine zimmermannstechnische Ausführung kann als fortschrittlich bezeichnet werden.
Vor der großen Umbauphase im späten 18. Jh. wurden möglicherweise schon im 17. Jh. zwei Kreuzgratgewölbe eingebaut, deren Nutzung zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht eindeutig geklärt werden konnte.
Mit dem Umbau im späten 18. Jh. (1791, d) erhielt das Gebäude sein heutiges Aussehen. Nutzung, Erschließung und Fassadengestaltung wurden durch diese Baumaßnahme neu festgelegt.
Die baufeste Ausstattung im Gebäude (Treppe, Türen, Täfer, Stuck etc.) ist ebenfalls spätbarock; die Schaufenster-Neugestaltung des Ladens stammt hingegen aus der Zeit um die Wende zum 19. Jh.
Das Gebäude dokumentiert auf beeindruckende Art und Weise die Wohn- und Nutzungsänderungen über einen Zeitraum von rund 450 Jahren.
(1548 - 1549)
(1790 - 1791)
(1800)
Zugeordnete Dokumentationen
- Bauhistorische Kurzuntersuchung
Beschreibung
- Siedlung
- Stadt
- Wohnbauten
- Wohn- und Geschäftshaus
Zonierung:
Konstruktionen
- Wandfüllung/-verschalung/-verkleidung
- Bruchstein/Wacken
- Gewölbe
- Kreuzgratgewölbe
- Tonnengewölbe
- Dachgerüst Grundsystem
- Sparrendach, q. geb. mit stehendem Stuhl
- Detail (Ausstattung)
- bemerkenswerte Fenster
- bemerkenswerte Wand-/Deckengestaltung
- Detail (Dach)
- Dachüberstand
- Dachform
- Satteldach
- Holzgerüstbau
- Unterbaugerüst, mehrstöckig
Der Grundriss im Erdgeschoss ist zweischiffig und zweizonig gegliedert. Durch die gefügekundliche Untersuchung wurde festgestellt, dass das gesamte Erdgeschoss zur Bauzeit im 16. Jahrhundert als Fachwerkstock ausgeführt worden war. Davon zeugen heute nur noch die Schwellen und Rähmhölzer im Bereich der Außenwände.
In der westlichen Traufwand und im südlichen Giebel sind Schwelle und Rähm vorhanden. Im nördlichen Giebel und in der östlichen Traufwand fehlt die Schwelle; das Rähmholz wird an seiner Stelle vermutet.
Das Erdgeschoss diente ausschließlich zur wirtschaftlichen Nutzung (Handel, Gewerbe, Lager etc.).
Im östlichen Schiff wurden vermutlich bereits im 17. Jh. zwei Kreuzgratgewölbe eingezogen. Sie wurden von der Stuttgarter Straße aus durch eine Rundbogentür erschlossen.
Die Fußbodenhöhe wurde bei dieser Maßnahme tiefer gelegt. Zur Klärung der ursprünglichen Nutzung in diesen beiden Kreuzgratgewölben müssten zuvor die diversen Einbauten entfernt werden. Danach ist es möglich, den Fußbodenbereich auf historische Nutzungsweise zu untersuchen.
In einer weiteren Umbauphase (vermutlich im späten 18. Jh.) wurde das Kreugratgewölbe in Zone 2 durch ein Tonnengewölbe ersetzt. Der dadurch entstehende Gewölbeschub drückt heute die östliche Traufwand in diesem Bereich sichtbar nach außen. An der innenliegenden Massivwand sind keine größeren Verformungen durch Schubkräfte erkennbar.
Innerhalb der Zone 2 befindet sich eine offene innenliegende Holztreppe die zum 1. Oberstock führt. Sie datiert wohl ins späte 18. Jh. (s). Der Erhaltungszustand dieser ursprünglich frei liegenden, spätbarocken Treppe ist außergewöhnlich gut. Über der Trennwand zwischen Treppe und Laden wurde der Unterzug und die darüber liegende Wandschwelle dendrochronologisch datiert. Beide Hölzer erbrachten als Fälldatum Winter 1790/91(d). Dieses Datum entspricht auch der gefügekundlichen Einschätzung der Umbaumaßnahme im späten 18. Jh.
Beim Treppenantritt befindet sich in der Massivwand ein ins Mauerwerk eingelassener Wandschrank.
Die Lage der bauzeitlichen Treppe (von 1549) kann im heutigen ausgebauten Zustand nicht festgestellt werden. Dazu ist eine Freilegung des Deckengebälks erforderlich.
In der Zeit um die Jahrhundertwende erhielt der Laden seine heutige Ausdehnung. Aus dieser Zeit stammt auch die Gestaltung der Schaufenster und des Eingangs. Bei dieser Neugestaltung im Erdgeschoss wurde auch der offene Treppenaufgang zum 1. Oberstock durch den Einbau einer Trennwand aufgegeben.
Die Erschließung des 1. Oberstocks erfolgte von diesem Zeitpunkt an ausschließlich am südlichen Giebel mit dem Zugang über die Wilhelmstraße. Dies ist auch ein Hinweis dafür, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt eine besitzrechtliche Teilung im Gebäude vollzogen wurde.
1. Oberstock:
Die Grundrissgliederung im 1. Oberstock entspricht in ihrer heutigen Form der Umbauphase im späten 18. Jh. Die spätmittelalterliche Stube lag ursprünglich im westlichen Schiff, die Kammer im östlichen Schiff. Die Ständerstellung im Giebel und der Längsunterzug in Zone 1 lassen die ursprüngliche Raumteilung der Zone 1 noch rekonstruieren.
In der Zone 2 geht die Grundrissgliederung in eine Dreischiffigkeit über. Dies war eine Folge der neuangelegten Flur- bzw. Treppenerschließung.
Das Kerngerüst von 1549 mit seinen Bundständern, Rähmhölzern und dem Deckengebälk blieb weitgehend erhalten.
Dagegen stammen die heutige Fensterteilung und die Innenwände aus der Umbauphase des späten 18. Jh. Recht gut erhalten ist die spätbarocke Ausstattung von Stube, Kammer und Flurzone. Die Stube ist im Bereich der Traufe und des Giebels mit einem Brüstungstäfer ausgekleidet. Die Schlafkammer besitzt an der Decke einen Stuck-Fries. Zwischen Stube und Kammer befindet sich noch eine Tür aus dem späten 18. Jh.
Die Trennwand zwischen Stube und Küche wurde in Bruchstein ausgeführt. In ihrem Mauerverband überlagern sich verschiedene Befeuerungsöffnungen. Die heutige Lage der Küche dürfte erst im 18. Jh. ins östliche Schiff verlegt worden sein. Die Küchenanlage des Kernbaus von 1549 befand sich möglicherweise im westlichen Schiff im Anschluss an die Stube.
In der Flurzone befindet sich noch die vollständig erhaltene Treppe des späten 18. Jh. Sie läuft vom Erdgeschoss in den 1. Oberstock. Das Geländer am Treppenlauf und im Bereich des Treppenlochs ist mit stehenden Sägebrettern ausgeführt. Der Treppenaustritt im 1. Oberstock ist mit einem Türchen (gleiche Ausführung wie das Geländer) gesichert.
Der 1. Oberstock wird vom Südgiebel über eine Treppe und eine kleine Galerie erschlossen. Die Haustür datiert ebenfalls ins späte 18. Jh.
Der 1. Oberstock ist nach seiner Umgestaltung im 18. Jh. zweizonig. Möglicherweise war der Kernbau von 1549 dreizonig gegliedert.
1. & 2. Dachstock:
Die ursprüngliche Grundrissgliederung ist im 1. Dachstock weitgehend erhalten geblieben. Die zweite Querachse setzt sich vom 1. Oberstock im 1. Dachstock fort. Außerdem lässt sich eine mittige Längsachse in Zone 1 nachweisen. Das untersuchte Gebäude besitzt in der ersten Zone zwei Dachkammern. Damit konnte bis jetzt bei allen bisher untersuchten Metzinger Häusern aus dem 16. Jh. am Hauptgiebel (Zone 1) jeweils zwei Dachkammern nachgewiesen werden. Sie werden von der Giebelseite her durch kleine Fenster belichtet. Durch die Wohn- bzw. Schlafnutzung im Dachstock war es erforderlich die Rauchgase der darunterliegenden Küchen mit Hilfe von Kaminen abzuführen. Damit wurden die mittelalterlichen "Rauchdächer" aufgegeben.
Beim Umbau des Hauses im 18. Jh. wurde auch die Lage der Treppen im 1. und 2. Dachstock verändert. Die alte Treppe lief ursprünglich parallel zur Sparren-Kehlbalkenlage.
Das Dachwerk besteht im 1. Dachstock aus einem dreifach stehenden Stuhl. Die Sparren zapfen in die Dachbalken ein. Aufschieblinge sind für den Dachüberstand an den Traufen notwendig.
Vom Kernbau (1549) sind in den beiden Dachgeschossen noch das nördliche und das südliche Giebeldreieck, die Querachse 2 sowie die Pfetten und Kehlbalken im 1. Dachstock erhalten. Die Sparren wurden 1791 erneuert. Teilweise wurde dabei auch Altholz wiederverwendet.
Im 2. Dachstock lassen sich keine Trennwände mehr nachweisen. Der Nordgiebel kragt stockwerksweise aus. Dabei führte der Zimmermann die Auskragung nicht über ein Stichgebälk aus, sondern er arbeitete in die Bundständer starke Knaggen ein, sodass der Ständer selbst nur das Rähmholz trägt und die Knaggen die Schwelle der darüber liegenden Fachwerkwand aufnehmen. Diese leichte und elegante Art der Auskragung hebt sich deutlich von der etwas schweren mittelalterlichen Auskragungstechnik (über Stichgebälk) ab.
Fassade:
Die Fachwerkfassade des Kernbaus von 1549 wurde ursprünglich als Sichtfachwerk ausgeführt. Mit dem Umbau im späten 18. Jh. und den damit verbundenen Störungen im Fachwerkgefüge wurde das Gebälk verputzt. Das Fachwerk des 18. Jh. im Erdgeschoss und 1. Oberstock stellt auf Sicht gearbeitetes Fachwerk dar.
Im 1. Dachstock der beiden Giebeldreiecke wurden größere Fenster eingebrochen, ansonsten sind die Giebeldreiecke aus dem 16. Jh. weitgehend erhalten geblieben.
Die heutige Fenstereinteilung und die dazugehörige Wandausbildung stammen aus dem späten 18. Jh.
Die stockwerkweise Auskragung findet sich nur am nördlichen Hauptgiebel. Die Traufen und der südliche Giebel kragen nicht aus.