Wohn- und Wirtschaftsgebäude aus Frickenhausen
Datenbestand: Bauforschung
Objektdaten
Straße: | Hauptstraße |
Hausnummer: | 25 |
Postleitzahl: | 72636 |
Stadt-Teilort: | Frickenhausen |
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Regierungsbezirk: | Stuttgart |
Kreis: | Esslingen (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8116020002 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Objektbeziehungen
Ist Gebäudeteil von: | |
1. Gebäudeteil: | Freilichtmuseum Beuren, In den Herbstwiesen |
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Besteht aus folgenden Gebäudeteilen: | |
keine Angabe |
Bauphasen
Das Wohnhaus stand ursprünglich frei. Mit dem Anbau der Scheune und ihrer späteren Aufstockung im Jahr 1886 wurde das Haus zum quergeteilten Einhaus ausgebaut. Gleichzeitig setzte man das Zwerchhaus auf und deckte das Dach neu. Viele wichtige Bauteile aus der Erbauungszeit des Hauses, darunter Raumteilungen im Obergeschoss und im Dachstuhl mit teilweise originalen Ausfachungen sind erhalten geblieben.
Bisher sind rund 260 Jahre Hausgeschichte erforscht. Die erste schriftlich belegte Hausübergabe fand 1728 statt, als das Haus in den Besitz des Ernst Friedrich Nestel, eines Bäckers, überging. In den folgenden 101 Jahren wird das Haus innerhalb der Familie Nestel vererbt, danach folgt eine Ära von 154 Jahren bis 1983, in der die Familie Zaiser das Haus bewohnt.
Johann Phlilip Nestel, ein Forstknecht, erhielt das Haus 1743. Er bekleidete ein öffentliches Amt. Aus unerfreulichen Anlässen findet sich sein Name im Württembergischen Dienerbuch wieder: Mehrere Male beklagte sich die Obrigkeit über Unzuverlässigkeiten, und ein gewisses Maß an "Non Chalance" , was schließlich auch der Grund für seine Entlassung aus den Diensten des Württembergischen Herzogs war. Mit 53 Jahren war er nun auf ein Gnadengehalt von 50 Gulden angewiesen.
1829 hielt der erste von vier Schmieden aus der Familie Zaiser Einzug in dieses Haus. Matthäus Zaiser begann im gleichen Jahr damit, ein Drittel des Erdgeschosses zu einer Schmiedewerkstatt umzubauen. Die Erbfolge der nächsten Generation ging von da ab immer gleich vonstatten: Die Söhne betrieben die Werkstatt zusammen mit ihren Vätern und erhielten zunächst eine Hälfte des Hauses. Die zweite Hälfte fiel ihnen jeweils nach dem Tode beider Eltern zu.
Nach 1900 wurde das Haus an die zentrale Wasserversorgung angeschlossen; bis dahin war das Wasserholrecht im "Gebäude 159" verbürgt. 1921 hielt schließlich die Elektrizität Einzug. Daraufhin wurde für die Schmiede unter anderem ein elektrischer Motor, eine Schalttafel mit Anlasser und Sicherungen sowie die elektrische Beleuchtung mit sechs Glühbirnen angeschafft.
Der Wunsch der Volksbank Frickenhausen, dass neben ihrer Geschäftsstelle gelegene Haus Hauptstraße 25 für einen Erweiterungsbau abzubrechen, betraf ein äußerlich eher unscheinbares, zudem im 19. und 20. Jahrhundert stark verändertes Gebäude, dem offenbar kein Denkmalwert zukam und bis dato folglich auch nicht in der vorläufigen Denkmalliste für den Ort Frickenhausen enthalten war. Erst eine Ortsbegehung führte zu der Erkenntnis, dass der Bau zumindest im Dachwerk noch aus dem 15. Jahrhundert stammt; bestätigt durch bauhistorische Voruntersuchungen im Jahr 1987/1988.
Die mehr als 500jährige, in ihrem Verlauf unterschiedlich gut belegte Baugeschichte des Hauses lässt sich in die folgenden Perioden gliedern:
Periode 0:
Vorgängerbebauung unbekannter Art (nur eine Hausgrube aufgedeckt).
Periode I:
1464ff: Erbauung des heutigen Wohnhauses, anfangs ringsum freistehend. Im allein bewohnten Obergeschoss zweischiffige, dreizonige Gliederung mit durchlaufendem Flur in der mittleren Zone, Stube und Küche in der nördlichen und zwei Kammern in der südlichen Zone. Im Erdgeschoss ebenfalls dreizonige Gliederung, aber keine Längsteilung. Die Nutzung ist unbekannt. Das Dach, außer einer Kammer in der NW-Ecke des 1. DG, war ungeteilt. Besondere bauliche Merkmale sind die durchlaufenden Geschossständer in der mittleren und rückwärtigen Längswand sowie die gewölbte Bohlenbalkendecke der Stube.
Periode II:
Um 1550/60 wurden die ersten Veränderungen vorgenommen, u.a. der Einbau einer zweiten Dachkammer neben der vorhandenen, vielleicht auch Unterkellerung der nördlichen Zone. Um 1600 erfolgte die Erneuerung der Erdgeschossnordwand.
Periode III:
Für das 17. und 18. Jahrhundert ist vor allem der Anbau der heutigen, zunächst allerdings noch 1,5 m niedrigeren Scheune zu nennen. Im Obergeschoss des Wohnhauses erfolgte derweil die Schließung der Balkenzwischenräume mit Lehmwickeln (wohl in mehreren Phasen).
Periode IV:
1829 erfolgte die Erneuerung der Stubenwestwand mit drei großen Fenstern anstelle des originalen Fenstererkers. Gleichzeitig oder wenig später ein eingreifender Umbau des Wohnhausobergeschosses, so dass sich seither in der Hausmitte Flur und Küche, rechts und linke eine Stube-Kammer-Einheit befinden. Im Zuge des Umbaus erfolgte zudem die Vergrößerung des Stalls in der südlichen Erdgeschosszone durch das Verschieben der Nordwand nach Norden.
Periode V:
Zwischen 1870 und 1920 erfolgte die zeitgemäße Renovierung der meisten Obergeschossräume, die Erhöhung der Scheune im Jahr 1886 sowie wenig später das Aufsetzen des Zwerchhauses.
Periode VI:
Unmittelbar nach 1936 wurde der nahezu vollständige Neubau des südöstlichen Wohnhausviertels vorgenommenen, wobei eine eigenständige zweite Wohnung im Obergeschoss durch die Vergrößerung und Teilung der Küche eingerichtet wurde. Ferner erfolgten eingreifende Renovierungen der Flure in beiden Geschossen (u.a. neue Treppen) sowie der Einbau einer zusätzlichen Dachkammer neben dem Zwerchhaus.
Das bisher älteste Wohnhaus im Bestand des FLM Beuren soll mit der wiederaufgebauten Scheuer aus Beuren sowie dem Schweinestall aus Ehningen zu einer Dreiseithofanlage aufgebaut werden.
Vgl. Steffi Cornelius: Hausgeschichten. Ein Führer durch das Freilichtmuseum Beuren, Esslingen 1995, S. 74-77.
(1464)
- Siedlung
- Stadt
- Wohnbauten
- Wohnhaus
(1550 - 1600)
(1600 - 1799)
- Anbau
- Wohnbauten
- Quereinhaus
(1829)
- Erdgeschoss
- Obergeschoss(e)
(1870 - 1920)
(1922)
Gebäude Nr. 138 (25): Wohnhaus
Nr. 138a (25a): Brennhaus
Parz. 27: Gemüse-, Gras- und Baumgarten an der Straße
Wohnhaus, Scheuer, Hofraum: 2 a 82 m²
Brennhaus: 24 ²m
Gemüse-, Gras- und Baumgarten: 10 a 38 m²
(1936)
(1960 - 1962)
(1987 - 1988)
- Siedlung
- Freilichtmuseum
- Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
- Museum/Ausstellungsgebäude
Zugeordnete Dokumentationen
- Bauuntersuchung
- Bauhistorische Untersuchung und Dokumentation zur Translozierung
- Fotodokumentation
- Kulturwissenschaftliche Untersuchung
- Kurzdokumentation mit Erläuterungen betr. Stube, Fenster, Türen usw.
- Dendrochronologische Datierung
Beschreibung
- Siedlung
- Freilichtmuseum
- Wohnbauten
- Quereinhaus
- Anlagen für Bildung, Kunst und Wissenschaft
- Museum/Ausstellungsgebäude
Zonierung:
Konstruktionen
- Mischbau
- Holzbau mit Gebäudeteil aus Stein
- Dachform
- Satteldach
- Dachgerüst Grundsystem
- Sparrendach, q. geb., mit einheitlicher Gebindeaufreihung
Die Fachwerkkonstruktion ist mit vier quer zum First angeordneten Bundwänden errichtet. Diese reichten vom EG bis unters Dach; massive Wände stammen aus späteren Zeiten/Umbaumaßnahmen.
Das Fachwerkgefüge ist in Geschossbauweise mit stockwerksübergreifenden Verschwertungen in den Giebeln errichtet und durch geschosshohe Steigbänder im Gebäudeinneren charakterisiert. Die Holzverbindungen sind zum großen Teil als Verblattungen ausgeführt.
Der Dachstuhl ist als Sparrendach mit einer Mittelpfette im Dachgeschoss ausgebildet. die Kehlbalken sind sämlicht angeblattet. Die Sparren sind auf den Dachbalken aufgeblattet.
Die Analyse der Bundzeichen zeigt zwar mehrere unterschiedliche Systeme, aber noch ein einheitliches Gesamtbild des Gefüges.
Noch die zwischen 1910-1920 aufgenommene Fotografie (s. Startbild) zeigt über den Nordgiebel einen kleinen Krüppelwalm. Von diesem stammen die Befunde im oberen Kehlbalken der Giebelwand und in der Spitze von Gespärre 2. Sie weisen auf zwei Grat- und einen Mittelsparren, die mit Holznägeln an den Hauptsparren bzw. dem Hahnen- und dem Kehlbalken befestigt waren und oberhalb des Hahnenbalkens eine kleine, dreieckige Öffnung beließen. Unklar ist die Befestigung der unteren Gratsparrenenden und die mögliche Existenz zweier an die Gratsparren geschifteter Zwischensparren. Entsprechende Befunde belegen auch für den Südgiebel einen Krüppelwalm.