Wohn- und Geschäftshaus
Datenbestand: Bauforschung
Objektdaten
Straße: | Marktplatz |
Hausnummer: | 3 |
Postleitzahl: | 88709 |
Stadt-Teilort: | Meersburg |
|
|
Regierungsbezirk: | Tübingen |
Kreis: | Bodenseekreis (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8435036004 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Rathaus, Marktplatz 1 (88709 Meersburg)
Rebgut Haltnau, Uferpromenade 107 (88709 Meersburg)
Torkel, Uferpromenade 107 (88709 Meersburg)
Kellerei- und Wohngebäude (88701 Meersburg, Unterstadtstraße 9)
Mesmerhaus, Vorburggasse 11 (88709 Meersburg)
Bauphasen
Das Gebäude Marktplatz 3 in Meersburg kann in fünf Bauphasen unterteilt werden. Sie könnten zum Teil auf Änderungen in den Besitzverhältnissen verweisen wie auch auf Renovierungs- bzw. (Umbau-)Baumaßnahmen markieren:
Die dendrochronologische Untersuchung ausgewählter Dachwerkhölzer lieferte mit der Fällzeit 1570/71 die älteste, gesicherte Datierungsmöglichkeit für das Gebäude. Während die älteste inschriftlich/archivalisch bekannte Jahreszahl das Jahr 1680schreibt. Diese Inschrift befindet sich auf der Rückwand einer Wandnische im Flur des zweiten Obergeschosses.
Die zeitlich folgende Angabe, das Jahr 1777, ist auf einer Urkunde im Treppenhaus (1. Obergeschoss) festgehalten. Es handelt sich hierbei wohl um die Überschreibung oder Schenkung des Gebäudes vom Bischof von Konstanz an der Kloster Rot an der Rot.
Seit 1806 war das Gebäude im Besitz der Familie Zimmermann, wobei die Jahreszahl 1853 (nebst der Jahreszahl 1900 findet sie sich in selbiger Inschrift wie die Zahl 1680) möglicherweise auf eine Renovierung hinweist.
Die Jahreszahl 1900 hängt vermutlich mit dem Bau des Staffelgiebels an der Nordseite zusammen.
2012 wechselte das Gebäude letztmalig den Besitzer.
(1570 - 1579)
- Dachgeschoss(e)
(1680)
(1777)
(1825 - 1850)
- Obergeschoss(e)
(1853)
- Obergeschoss(e)
- Ausstattung
(1900)
Anfang des 20. Jhs. ging das Gebäude ferner an die Familie Zimmermann über (a).
(2012)
Zugeordnete Dokumentationen
- Bauhistorische Untersuchung
- Restauratorische Untersuchung
- Schadenskartierung
- Bauaufnahme
Beschreibung
- Siedlung
- Stadt
- Wohnbauten
- Wohn- und Geschäftshaus
Zonierung:
Konstruktionen
- Steinbau Mauerwerk
- Backstein
- Wacken/Kiesel
- Werkstein
- Skelettbau
- Eisen- und Stahlskelett
- Dachform
- Satteldach
- Satteldach mit Zwerchhaus
- Dachgerüst Grundsystem
- Sparrendach, q. geb. mit liegendem Stuhl
- Sparrendach, q. geb. mit stehendem Stuhl
- Dachgerüst, verstärkende Einbauten
- Kehlbalken, Kreuzbänder, Sparrenstreben etc.
- Unter-, Überzüge, Pfetten
- Gestaltungselemente
- Staffelgiebel
- Mischbau
- Steinbau mit Gebäudeteilen aus Holz
- Detail (Ausstattung)
- bemerkenswerte Fenster
- bemerkenswerte Türen
- bemerkenswerte Wand-/Deckengestaltung
Der südwestliche Eckbereich des Gebäudes wurde in der 2. Hälfte des 20. Jhs. durch den dortigen Ladeneinbau stark verändert. Unter dem heutigen, erdgeschossigen Boden des Ladenraumes, der damals erst entstand, befindet sich ein flacher, vom großen Gewölbekeller aus durch einen schmalen ,in den Boden eingegrabenen Gang zu begehender Hohlraum. Im Mittelbereich dieses Hohlraumes befindet sich im Boden eingetieft eine in Backstein gemauerte Rundung mit anschließender Bruchsteinwange, bei der es sich um die Reste einer Eintiefung für das Widerlager der Spannschraube einer Torkel handeln könnte. Ansonsten tritt am westlichen Ende der Südwand wie auch am südlichen Ende der Westwand historisches Bruchstein- und Backsteinmauerwerk zutage, während ansonsten in den begehbaren Bereichen dieses Zwischengeschosses keine bauhistorischen Befunden, sondern nur moderne Betonunterfangungen der aufgehenden Wände des EG zu erkennen sind. Die Decke über diesem Bereich (EG-Boden) geht auf moderne Veränderungen zurück.
Das EG des Gebäude wird vollständig zu Ladenzwecken genutzt. Im Grundrissbild zeichnet sich der mutmaßlich mittelalterliche Kernbau in der NO-Ecke des Gebäudes durch gegenüber dem Restbereich etwas vergrößerte Mauerstärken als leicht schiefwinkliges Viereck über gedrungen-rechteckigem Grundriss ab. Sein Inneres wird von einem hochliegenden Laden, der bis in das 1. OG emporreicht, eingenommen. Die gegen Norden gerichtete große Schaufensterfront und die umschließenden, dünnwandigen Mauerbereich gehen ebenso wie die Tragkonstruktion mit Stahlträgern und Gusseisensäulen auf Veränderungen der Zeit um 1900 zurück. Einzig eine großformatige Fensternische am südlichen Ende der östlichen Stirnwand, die sich nach außen in einem großem Spitzbogenfenster öffnet, dürfte mit ihrer aus Sandsteinquadern gemauerten nördlichen Laibung eventuell noch auf eine spätmittelalterliche Öffnung zurückgehen, während die in Backstein gemauerte südliche Laibung sowie dementsprechend auch das große Spitzbogenfenster auf jüngere, vielleicht gar erst historistische Veränderungen zurückgehen dürften.
Im 1. OG zeichnet sich der mutmaßlich mittelalterliche Kernbau in der NO-Ecke ebenfalls im Grundrissbild noch deutlich ab. Allerdings ist hier die einstige Westwand abgegangen. An ihre Stelle und im westlich anschließenden Bereich treffen wir heute nur auf dünne, Innenwände, die um 1900 entstanden sein dürften (a).
Die südliche Längswand des Kernbaus, die während der Untersuchung von Süden her weitgehend frei lag, zeigt Wackenmauerwerk mit aufliegenden historischen Kalkputzen, u.a. einem stark zurückgewittertem historischen Außenputz, durch welchen sie als einstige Außenwand ausgewiesen ist. Den oberen Abschluss des Wackenmauerwerks bildet etwa 50 cm unter der heutigen Deckenhöhe eine rundlich überputzte Mauerkante. Diese zeigt, dass sich die Mauer schon ursprünglich nicht weiter nach oben erstreckte.
Ein etwaiges weiteres Obergeschoss des mittelalterlichen Baus könnte aber als Fachwerkkonstruktion über einem leicht zurückliegenden Schwellbalken aufgesetzt gewesen sein.
Noch zum mittelalterlichen Bestand gezählt werden darf hingegen eine weiter östlich gelegene einstige Türöffnung, von der knapp über dem heutigen Fußboden der Bogenbereich mit einem sorgfältig gearbeiteten, buckelverziertem, rundbogigen Sandsteingewände erhalten geblieben ist. Sauber gearbeitete Randschläge und eine breite Fase machen eine spätmittelalterliche Entstehung wahrscheinlich. Später wurde diese Öffnung in Backstein und Wacken vermauert.
Der Bereich der südseitigen Gebäudeerweiterung wird gegen Osten udn Süden von gleichfalls noch relativ starken Massivwänden eingefasst. Hier ist momentan unklar, ob es sich um eine zwar jüngere, aber ebenfalls noch spätmittelalterliche Wandscheibe oder aber um eine Wandscheibe des frühneuzeitlichen Bestandes handelt.
Neben der eichenen Sturzbohle einer Fensternische im östlichen Abschnitt der südlichen Außenwand finden sich auch in der Fachwerkkonstruktion der südlichen Flurwand einzelnen Eichenholzständer zweitverwendet, die auf einen spätmittelalterlichen Baubestand zurückgehen könnten. Diese Befunde deuten die Möglichkeit einer Entstehung der südseitigen Gebäudeerweiterung schon im Spätmittelalter an, könnte jedoch ebenso auf die Zweitverwendung mittelalterlichen Bauholzes in einer frühneuzeitlichen Umbauphase zurückgehen. Wie die Befunde im Dachraum zeigen, muss das Gebäude aber vor den 1570er Jahren nach Süden hin auf seine heutigen Grundrissmaße erweitert worden sein.
Über dem dreigeschossigen Hausunterbau erhebt sich ein gleichfalls dreigeschossiges Dachwerk, das im Kern auf das 16. Jh. zurückgeht. Es handelt sich um ein zwischen zwei steinernen Giebelscheiben (Westen und Osten) eingespanntes, nur mäßig steil geneigtes Satteldach, das zur Gänze in Nadelholz abgezimmert ist: Sparrendach mit drei eingezapften Kehlbalkenlagen, die im 1. DG von seitlichen liegenden um einen mittig stehenden Stuhl sowie im 2. DG von einem seitlichen liegenden Stuhl unterstützt werden.
Im 1. DG: Die Kehlbalkenlage ist mit dem Gespärre verzapft und an den Enden auf über Eck liegende Zwischenpfetten (Stuhlrähme) aufgelegt. Die kräftigen liegenden Stuhlsäulen bilden insgesamt sieben Stuhlquerbünde aus, von denen die beiden am Rand direkt vor den entsprechenden Giebelscheiben verlaufen. Sie sitzen am Fußpunkt auf abgekanteten Schwellen auf. Der Queraussteifung des Stuhles dienen mit Versatz gezapfte Stuhlstreben, und unter den Binderkehlbalken sind zusätzliche Spannriegel eingezapft. Die Längsaussteifung des Dachwerks wird durch einen Windverband bewirkt, der eine mittige Verriegelung besitzt sowie gegenläufig angeordnete Streben, die von den Stuhlschwellen bis zu den Zwischenpfetten (Stuhlrähmen) emporlaufen, mit denen sie jeweils verzapft sind. Die stehende Stuhlkonstruktion in der Mittellängsachse des 1. DG zeigt nur mäßig starke Stuhlständer ohne eigene Aussteifung.
Im 2. DG: Im 2. DG liegt die historische Dachkonstuktion vollständig frei. Hier ist ein seitlicher liegender Stuhl vorhanden, während ein mittiger stehender Stuhl wie im 1. DG nicht ausgebildet ist. Die liegende Stuhlkonstruktion folgt in der Ausbildung ihrer Querbünde den Vorgaben des 1. DG, doch ist der östlichste Bund nicht als liegender Stuhlbund direkt vor der östlichen Giebelscheibe, sondern als stehende Stuhlkonstruktion einen Gespärreabstand weiter westlich aufgeschlagen. Die liegende Stuhlkonstruktion besitzt in diesem Dachgeschoss keine Stuhlschwelle, und die Zwischenpfetten (Stuhlrähme) sind aufrecht gestellt. Die Queraussteifung erfolgt über mit Versatz gezapfte Stuhlstreben, während der Längsaussteifung ein heute abgängiger Windverband diente, der aus von den Stuhlsäulen zu den Zwischenpfetten aufsteigenden Streben bestand, die mit Stuhlsäulen und Pfetten jeweils verblattet waren. Über dem Zwerchhaus in der SW-Ecke erhebt sich ein vollständig moderne Dachwerk. Über dem großen Zwerchhaus der vorigen Jahrhundertwende im Bereich der NO-Ecke befindet sich ein zeitgenössisches stammendes Dachwerk, wie auch die betreffende Giebelscheibe in Vollziegen jener Zeit gemauert ist.
Im 3. DG: Im 3. DG liegt die Dachkonsruktion ebenfalls offen. Hier ist keine Stuhlkonstruktion zur Unterstützung des Gespärres ausgebildet. Das damit allein vorhandene Gespärre ist am Firstpunkt miteinander verzapft und heute noch weitgehend erhalten. Hinweise auf ursprüngliche feste Dacheinbauten sowie größere Dachaufbauten liegen nicht vor.
Am historischen Dachwerk lassen sich Abbundzeichen erkennen. Sie zählen in Längsrichtung mit römischen Ziffern von Westen nach Osten jeweils gespärreweise durch.
Die Giebelscheiben begrenzen das Dachwerk gegen Westen und Osten. Die westliche Giebelscheibe teilt sich das Gebäude mit dem anschließenden Nachbargebäude, das etwa gleiche First- und Traufhöhen besitzt. Da die Giebelstaffeln nach Osten fallen, dürfte sie aber besitzrechtlich und konstruktiv zum Gebäude Marktplatz 3 zählen. An der dem Dachinneren zugewandten Ostseite der westlichen Giebelscheibe lassen sich im 2. und 3. DG zwei ältere Dachlinien erkennen, die von Vorgängerdächern des heutigen Daches stammen müssen. Sie zeigen dabei jeweils einen First in der Mittellängsachse des Gebäudes, sodass das Gebäude wohl schon vor der Errichtung des heutigen Dachwerks um 1570/71 (d) nach Süden hin erweitert war.
Insgesamt geben die Befunden an den Innenseiten der Giebel zu erkennen, dass das Gebäude Marktplatz 3 schon vor der Errichtung des heutigen Dachwerks auf die heutige Grundfläche nach Westen und Süden erweitert worden war. Diese Erweiterung dürfte dabei zunächst in der nördlichen Gebäudehälfte (Bereich zwischen dem mittelalterlichen Kernbau in der NO-Ecke und westlich anschließender Nachbarbebauung) schon von Anfang an dreigeschossig, südlich der ursprünglichen Au0enflucht jedoch nur zweigeschossig gewesen sein. Erst in einem zweiten Schritt wurde auch die südseitige Erweiterung dann um ein drittes Geschoss erhöht, und erst 1570/71 entstand dann mit dem heutigen, etwas höher angesetzten und etwas steileren Satteldach die heutige Dachform.
[Quelle: Bauhistorische Untersuchung, Stefan Uhl, 2013 (Auszüge)]