Kloster Bebenhausen (ehem. Holz- und Chaisenremise)

Datenbank Bauforschung/Restaurierung

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Altes Bezirksrathaus, Rathaus

ID: 181315158913  /  Datum: 23.07.2010
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
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Objektdaten

Straße: Marktplatz
Hausnummer: 2
Postleitzahl: 70372
Stadt-Teilort: Stuttgart

Regierungsbezirk: Stuttgart
Kreis: Stuttgart (Stadtkreis)
Wohnplatzschlüssel: 8111000002
Flurstücknummer: keine
Historischer Straßenname: keiner
Historische Gebäudenummer: keine
Lage des Wohnplatzes: Lage des Wohnplatzes

Kartenansicht (OpenStreetMaps)

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Objektbeziehungen

keine

Umbauzuordnung

keine

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Bauphasen

Kurzbeschreibung der Bau-/Objektgeschichte bzw. Baugestaltungs- und Restaurierungsphasen:

Die Stadtkirche Bad Cannstatt wurde 1471 bis 1506 von Aberlin Jörg d. Ä. als dreischiffige Hallenkirche in spätgotischem Stil erbaut. In unmittelbarer Nachbarschaft dazu wurde das Rathaus noch vor Ende der Bauarbeiten an der Kirche vollendet. Als Jahr seiner Errichtung gelten allgemein die Jahre 1490/91. (vgl. O.A.B. 1832, S.89)
Der ab 1491 (a) errichtete Ursprungsbau, dessen Dachwerk unmittelbar danach in den Jahren 1492-94 (d) stockwerksweise aufgesetzt wurde, ist in großen Teilen erhalten. Ausgenommen hiervon ist vor allem der Westgiebel. Auch der Quergiebel des 1. DG auf der Nordseite in der Gebäudemitte stammt aus dieser ursprünglichen Planung, wie die Abbundziffern und konstruktive Details nahelegen.

Die Ein- und Umbauten, die zwischen dem 17. Und 20. Jahrhundert im Innern des Gebäudes getätigt wurden, knüpften in aller Regel an das Grundgerüst aus der Bauzeit an, so dass dieses nur in klar begrenzten Teilbereichen modifiziert oder nicht mehr vorhanden ist. Der Baubefund und deren Abgleich mit den Planarchivalien zeigt, dass der Schwerpunkt der Umbaumaßnahmen im 19. Jahrhundert lag. Der Umfang der Modifikationen, die während des Barock vorgenommen wurden, ist vergleichsweise gering. Ihre Zeitstellung kann nur grob eingegrenzt werden, da kein datiertes Planmaterial aus dieser Zeit vorliegt und die entsprechenden Bauteile nicht dendrochronologisch untersucht wurden.

1655 ist das Gebäude auf einer Stadtansicht Cannstatts erstmals explizit als „Rathaus“ gekennzeichnet (vgl. Georg Wilhelm Kleinsträttl, um 1655. Hauptstaatsarchiv H 59, Nr. 38). 1692 (a) wird gemäß einem Ratsprotokoll berichtet, dass zwanzig Eichenstämme aus dem Stadtwald für Instandsetzungsmaßnahmen bereit gestellt wurden. 1761 (a) geht aus einem weiteren Gemeinderatsprotokoll hervor, dass ein erneutes Einsinken der Rathausfundamente gegenüber der Sulz fest gestellt wurde nachdem bereits 1755 die Giebelwand des Rathauses „um mehr als 2,5 Fuß in den Sulzkessel hinein“ gesunken war.
Obwohl nur indirekt in Zusammenhang stehend, ist die Nachricht von Bedeutung, dass im Jahr 1806 ein damals als „Altes Rathaus“ bezeichnetes Gebäude abgerissen wurde. Dabei handelt es sich um das sog. „ Wertzsche Haus“(Marktstraße 33), das der Überlieferung nach noch 1502 als „Altes Kaufhaus“ genannt wird und das zu dieser Zeit nicht nur als Marktgebäude sondern auch für festliche Anlässe und Fechtübungen genutzt wird. Der Baubefund legt nahe, dass das in der vorliegenden Arbeit behandelte Objekt entsprechend genutzt wurde und einen Ersatz für eben dieses Gebäude schaffen sollte.
Im Jahr 1827 wurde das Innere des Rathauses wesentlich renoviert. Die alte Uhr wurde 1836 vom Uhrmacher Klein durch eine neue horizontal liegende Turmuhr ersetzt, „die 360 Gulden kostete und allen Erwartungen entsprach." (a) Der Ostgiebel wurde um 1835/37 (d) umgebaut.
Zwischen 1811 und 1837 (d) fanden derweil auch mehrere kleine Ein- und Umbauten statt, wobei zwei Arresträume eingebaut wurden.
Eine Hauptumbauphase wurde zwischen 1875 und 1881 (a) durchgeführt, was das äußere Erscheinungsbild durchgreifend veränderte und bis heute prägt. Im Inneren geht vieles vom heutigen Bestand auf diese Maßnahme zurück; besonders die Raumaufteilung im 1. DG.
An der Ostseite des Rathauses wurde im Jahr 1916 (a) ein Anbau angefügt.
Das 1. DG wurde 1987 als Hausmeisterwohnung ausgebaut, die bei den Umbauarbeiten im Jahr 2010 wieder entfernt wurde.


1. Bauphase:
(1492 - 1494)
Phase 1: Der Ursprungsbau entstand 1491 (a) bzw. sein Dachwerk 1492-94 (d). Außer dem Westgiebel ist der Großteil des Dachwerks erhalten. Der Quergiebel im 1. DG auf der Nordseite in der Gebäudemitte entspringt diesem Ursprungsbau, auch wenn er später (sicher nach 1878 (a), möglicherweise mehrfach) leicht verändert wurde.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

2. Bauphase:
(1523 - 1543)
Phase 2: Zwischen 1523 und 1543 (d) wurde der Westgiebel in Teilen erneuert. Er wurde später (wohl im späten 19. oder 20. Jahrhundert) nochmals weitgehend erneuert.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

3. Bauphase:
(1657 - 1675)
Phase 3: Der Glockenstuhl wurde zwischen 1657 und 1675 (d) aufgesetzt.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

4. Bauphase:
(1687)
Phase 4: Im Jahr 1687 (d) wurde im 1. DG zumindest ein Raum durch das Einziehen von Fachwerkwänden mit Bruchsteinausfachung abgetrennt.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

5. Bauphase:
(1811 - 1837)
Phase 5: Zwischen 1811 und 1837 (d) wurden nochmals Fachwerkwände mit Bruchsteinausfachung eingebaut, so dass zwei Arresträume entstanden. Dabei wurden auch die Fachwerkwände von 1687 verändert.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

6. Bauphase:
(1835 - 1837)
Phase 6: Am Ostgiebel wurden um 1835/37 (d) die Gefache verändert. Zwischen den alten Ständern, dem Schwellbalken und dem Rähm aus Eichenholz wurden Streben und Riegel entfernt und andere Nadelhölzer eingebaut, so dass sich die Gefache vergrößerten.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

7. Bauphase:
(1875 - 1881)
Phase 7: Die Hauptumbauten fanden von 1875-1881 (a) statt und prägen das Aussehen des alten Rathauses bis heute. Das neogotische Hauptportal ersetzte die zuvor bestehenden Laubengänge, ein gotischer Eckerker wurde abgebrochen. An der Nordwand wurden eine Tür und zwei doppelflügelige Tore (Feuerwehrgaragen?) zu Fenstern umgebaut. Der Quergiebel im 1. DG wurde verändert. Die Raumaufteilung wie sie bis ins Jahr 2010 bestand, entspringt der Planung dieser Umbauten.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

8. Bauphase:
(1882 - 1916)
Phase 8: Mehrere kleine Umbaumaßnahmen, die nicht näher zu datieren sind, fanden im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert statt. Im Jahr 1916 (a) wurde an der Ostseite des Rathauses ein Anbau angefügt, der eine öffentliche Toilette aufnahm.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

9. Bauphase:
(1970)
Im Jahr 1970 wurde die alte Treppe abgerissen und das heutige Treppenhaus entstand. Außerdem wurde das öffentliche WC erneuert. (vgl. Baugesuche, Baurechtsamt Stuttgart)
Betroffene Gebäudeteile:
Betroffene Gebäudeteile
  • Ausstattung

10. Bauphase:
(1987 - 2010)
Das 1. DG wurde 1987 als Hausmeisterwohnung ausgebaut, die im Jahr 2010 entfernt wurde.
Betroffene Gebäudeteile:
keine

Besitzer:in

keine Angaben

Fotos

Stuttgart, Altes Rathaus, Ansicht SW / Altes Bezirksrathaus, Rathaus in 70372 Stuttgart, Bad Cannstatt
Hist. Postkarte (Druck u. Verlag von K. Liebhardt & Co, Esslingen) mit Ansicht des Rathauses / Altes Bezirksrathaus, Rathaus in 70372 Stuttgart, Bad Cannstatt
Abbildungsnachweis
Ansicht der Ostfassade vor dem Umbau (2010) / Altes Bezirksrathaus, Rathaus in 70372 Stuttgart, Bad Cannstatt (01.06.2010 - strebewerk)
Abbildungsnachweis
Ansicht der Ostfassade zu Beginn der Arbeiten (12/2010) / Altes Bezirksrathaus, Rathaus in 70372 Stuttgart, Bad Cannstatt (01.12.2010 - strebewerk)
Abbildungsnachweis
Abbundzeichen auf einer doppelten Kehlbalkenlage zwischen 1. und 2. DG (2011) / Altes Bezirksrathaus, Rathaus in 70372 Stuttgart, Bad Cannstatt (strebewerk)
Abbildungsnachweis
Wiedlöcher an einem Spaaren (Dachgeschoss) (2011) / Altes Bezirksrathaus, Rathaus in 70372 Stuttgart, Bad Cannstatt (01.07.2011 - strebewerk)

Zugeordnete Dokumentationen

  • Bericht über bauhistorische Untersuchung (Dachwerk)
  • Bauaufnahme und bauhistorische Untersuchung
  • Bauaufnahme

Beschreibung

Umgebung, Lage:
Das Rathaus Bad Cannstatt liegt im Zentrum der Cannstatter Altstadt unmittelbar südlich der Stadtkirche, die sich parallel zu ihm erstreckt. Im Westen grenzt das Gebäude an die Marktstraße. Im Süden liegt eine schmale Gasse, welche die Marktstraße mit dem östlich des Rathauses gelegenen Marktplatz verbindet. Dass dieser unregelmäßig geformte Platz in keiner Epoche mit Gebäuden überbaut wurde, ist in erster Linie der Tatsache geschuldet, dass an seiner südöstlichen Ecke, ein Quelltopf, der sog. „Sulz“ lag, sodass das Gelände
dort sumpfig war und nicht bebaut werden konnte. Eine Fassung des Quelltopfes erfolgte spätestens während der Errichtung des Rathauses im späten 15. Jahrhundert. Diese Maßnahme verbesserte die Situation allerdings nicht nachhaltig. Vielmehr blieb der Untergrund weiterhin wenig tragfähig, so dass insbesondere die Südostecke des Rathauses, welche unmittelbar an den Sulz angrenzend errichtet worden war, in den vergangenen Jahrhunderten mehrfach absackte und demzufolge immer wieder Sicherungsmaßnahmen an dem Gebäude durchgeführt werden mussten. Diese Problematik ist prinzipiell noch heute gegeben
Lagedetail:
  • Siedlung
    • Stadt
Bauwerkstyp:
  • Öffentliche Bauten/ herrschaftliche Einrichtungen
    • Amtsgebäude
    • Gefängnis
Baukörper/Objektform (Kurzbeschreibung):
Kubischer dreigeschossiger Bau mit vierstöckigem Dachwerk mit Satteldach. Östlich schließt ein niedriger Anbau mit Pultdach an. An der Nordseite befindet sich im 1. DG ein Quergiebel in der Gebäudemitte. Über dem Westgiebel erhebt sich ein polygonaler Glockenstuhl in Form eines Dachreiters.
Innerer Aufbau/Grundriss/
Zonierung:
Rechteckiger Grundriss des Hauptgebäudes mit rechteckigem Anbau an der Ostseite.
Vorgefundener Zustand (z.B. Schäden, Vorzustand):
Vom Ursprungsbau dürfte Vieles erhalten sein, darunter weitgehend das Dachwerk (außer dem Westgiebel). Dazu gehören vier Ständer im 1. DG und Teile des Holzbodens auf dem sie stehen. Dieser besteht aus breiten gefalzten Holzbrettern. Die Holztreppe, die vom 2. DG zum 3. DG führt, stammt ebenfalls vom Ursprungsbau. Das heutige Erscheinungsbild wird von Umbaumaßnahmen aus der Zeit zwischen 1875-1881 bestimmt. Wegen dem sich absenkenden Geländeuntergrund ist das gesamte Gebäude in sich stark verzogen.
Bestand/Ausstattung:
Dazu zählen zwei historische Arresträume (zwischen 1811 und 1837 (d)) mit zwei massiven, mit Eisenbändern beschlagenen Türen und drei schwer gesicherten Türgewändern. Beide Räume konnten von einem dazwischen liegenden Raum beheizt werden, wovon der Ofensockel zeugt, der erhalten blieb.
Zur Ausstattung gehört außerdem das neogotische Stabwerkportal aus dem Jahr 1875 und die Wohnungseingangstür im 1. DG aus dem späten 19. Jahrhundert.

Konstruktionen

Konstruktionsdetail:
  • Dachform
    • Pultdach
    • Satteldach
    • Zwerchhaus/-häuser
  • Dachgerüst Grundsystem
    • Sparrendach, q. geb. mit liegendem Stuhl
  • Decken
    • Balken-Bretter-Decke
  • Detail (Ausstattung)
    • Floßspuren
  • Gestaltungselemente
    • Zierglieder im Holzbau
  • Wandfüllung/-verschalung/-verkleidung
    • Holzverschalung
    • Lehmwickel
  • Verwendete Materialien
    • Backstein
    • Holz
    • Putz
    • Stein
Konstruktion/Material:
Spätes 15. Jh.:
Um 1491 wurde das Gebäude in einem Zug vollständig errichtet. Es handelte sich um einen rund 23,3 m x 14,3 m messenden, inklusive Dach 22 m hohen Fachwerkständerbau. Der Glockenturm ragt bis zu einer Höhe von 29 m auf. Das Hauptgerüst wurde aus Eichenholz errichtet; für die Deckenbalken, Bodendielen, sowie Dachkonstruktion wurde größtenteils Nadelholz verwendet. Grundlegende Kennzeichen des spätgotischen Fachwerkverbandes sind insbesondere eine akkurate Bearbeitung der Bauhölzer, wobei die Querschnitte der Balken relativ groß sind, sowie die konsequente Verwendung von Holznägeln bei der Fixierung verzapfter Bauhölzer.
Wiedlöcher, die sich v.a. an den Deckenbalken nachweisen lassen, zeigen dass die langen Nadelholzbalken über den Neckar geflößt wurden. Die Bodendielen scheinen ebenfalls vorgefertigt geflößt worden zu sein. Höchstwahrscheinlich künstliche Löcher geringen Durchmessers, in denen teilweise noch Holznägel stecken, lassen diesen Schluss zu. Die Eichenbalken, die für das Hauptgerüst verwendet wurden, müssen in der Region geschlagen und eigens auf den Bauplatz transportiert worden sein.
Die Ausfachung der Fachwerkfelder der Wände wurde in stark vermörtelten Bruchsteinen ausgeführt. Funde einzelner Ziegel, die bei den aktuellen Bauarbeiten zutage traten, belegen, dass das Gebäude ehemals mit einem Mönch-Nonne-Ziegelverband gedeckt war. Die betreffenden Ziegel lagern mittlerweile im Stadtmuseum Stuttgart. Barocke Ziegel, die punktuell an der Fassade verbaut wurden, dürften von anderen Gebäuden stammen.
Trotz einiger späterer Veränderungen an den Fassaden kann anhand des hölzernen Grundgerüsts rückgeschlossen werden, dass bereits der Ursprungsbau eine Südfassade aufwies, die auf ganzer Höhe – d.h. bis zur Traufe – ohne Versprung senkrecht war. Dagegen kragten die einzelnen Geschosse auf allen anderen Gebäudeseiten vor. Eine schlüssige Erklärung für die Sondergestaltung der Südfassade ergibt sich weder aus dem Gefüge bzw. der Binnenunterteilung des Baus an sich, noch aus dem Häuserbestand der unmittelbaren
Nachbarschaft.

16. Jh.:
Im 16. Jahrhundert wurden keine größeren Veränderungen an dem Gebäude vorgenommen. In diesem Zeitraum scheinen lediglich punktuell Ausbesserungsarbeiten stattgefunden zu haben15. Wenn im Innern Veränderungen vorgenommen worden sein sollten, müssen diese später wieder komplett beseitigt worden sein. Das vierstöckige Dachwerk stellt einen dreifach liegenden Stuhl dar, der im 1. DG mit einer mittig stehenden Reihe aus vier profilierten Ständern kombiniert ist.

17. Jh.:
Für das 17. Jahrhundert können in größerem Umfang Baumaßnahmen nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich insbesondere um die Errichtung des Glockenturms am westlichen Ende des Dachgiebels.
Im Innern des Gebäudes, v.a. in den oberen Geschossen, wurden im 17. Jahrhundert ebenfalls Veränderungen vorgenommen. So dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Nordostecke des zweiten Obergeschosses ein Raum erstellt worden sein, indem zwei Wände eingezogen wurden, welche die östliche bzw. nördliche Außenwand mit der östlichen Stütze der nördlichen Stützenreihe aus der Erbauungszeit verband.
Im ersten Dachgeschoss wurde östlich des alten Treppenaufgangs ein rund 3,5 m x 5 m großer Raum eingefügt indem drei Fachwerkwände eingezogen wurden, wobei die östliche und westliche Wand die Achsen der Stuhlsäulen aufnahmen und im Norden durch die dritte Wand miteinander verbunden wurden. Ob auch westlich des Treppenaufgangs ein entsprechender Raum erstellt wurde, bleibt offen. Es steht lediglich fest, dass auf der östlichen Treppenseite eine Fachwerkwand eingezogen wurde, so dass der Aufgang zu beiden Seiten begrenzt war und ein Treppenschacht entstand. Anhand dendrochronologischer Proben können die
Maßnahmen ins späte 17. Jahrhundert bzw. um 1690 datiert werden.
Im Erd- und 1. Obergeschossgeschoss können für das 17. Jahrhundert keine Veränderungen nachgewiesen werden.
Selbst wenn die unteren beiden Geschosse in Struktur und Nutzung unverändert blieben und der Umfang der Einbauten, die während des 16. und 17. Jahrhunderts im Innern des Gebäudes getätigt wurden, vergleichsweise gering ist, steht außer Frage, dass dem Gebäude, welches sich vormals zwar als stattlicher, aber dennoch weitgehend schmuckloser Zweckbau darstellte, endgültig ein repräsentatives Gepräge verliehen werden sollte.

18. Jh.:
Für das 18. Jahrhundert liegen keine schriftlichen Nachrichten über Veränderungen am Rathaus Bad Cannstatt vor. Es ist lediglich vermerkt, dass 1755 „fünf Tage nach dem Erdbeben von Lissabon“ die Südwestecke des Gebäudes „mit entsetzlichem Krachen“ auf einen Schlag um 2,5 Fuß in den Sulzkessel absackte". Es ist davon
auszugehen, dass Teile der Bodenkonstruktion, die im Südwesten v.a. im zweiten Obergeschoss die Verformung des Hauptgerüsts aus der Bauzeit und des entsprechenden Bodens ausgleichen, nach diesem Vorfall entstanden. Darüber hinaus wurden im zweiten Obergeschoss einige bestehende Wände ausgetauscht bzw. erneuert.
Auch wenn die Umbauten des 18. Jahrhunderts vergleichsweise ungenau fassbar sind, kann davon ausgegangen werden, dass im ersten und zweiten Obergeschoss eine umfängliche Nachverdichtung stattfand. Diese dürfte insbesondere dem erhöhten Raumbedarf geschuldet gewesen sein, der sich aus einem komplexer gewordenen
Verwaltungsapparat ergab.

19. Jh.:
Während des gesamten 19. Jahrhunderts lässt sich anhand von Archivalien und Planmaterial, aber auch anhand der erhaltenen Bausubstanz eine Vielzahl an Veränderungen im Innern des Rathauses Cannstatt nachvollziehen (s. bauhistorische Doku.).

20. Jh.:
Maßnahmen vor 1939:
1903 erfuhr der Anbau abermals eine Veränderung als er minimal nach Süden erweitert wurde, so dass er dort mit der Südfassade des eigentlichen Rathauses einheitlich fluchtend endete. Der Grund für diese sehr geringfügige und daher überflüssig erscheinende Maßnahme, erschließt sich nicht. Bis auf einen Durchgang, der von nun an den Anbau mittig mit den Flurbereichen des Erdgeschosses des Rathauses verband, blieb die Raumund Nutzungsstruktur im Innern des Anbaus bestehen.
1916 wurde die Toilettenanlage am südlichen Ende des Anbaus geringfügig verändert. 1933 wurden der südliche Abschluss des Raums 003, der erst 1881 nach Süden erweitert worden war, wieder in die Flucht der nördlichen Längsbundachse verlegt. Die ebenfalls 1881 errichtete Wendeltreppe am westlichen Ende des zentralen Flurs wurde abgerissen.
Aus dem erhaltenen Planmaterial geht hervor, dass im selben Zug die Fenstergauben der Schlafzimmer der Hausmeisterwohnung verbreitert werden sollten. Diese Planung wurde jedoch nicht realisiert.

Maßnahmen nach 1945
1970 musste aufgrund von aufgetretenen Schäden das Treppenhaus vollständig erneuert werden. Die neuen Treppenaufgänge und die Wandscheiben zu deren Längsseiten wurden in Stahlbeton ausgeführt. Eine Sicherung des Glockenstuhls aus dem 17. Jahrhundert wurde in den Jahren 1973/74 vorgenommen. Die Maßnahmen bestanden insbesondere darin, einzelne Hölzer zu ersetzen, sowie eine Unterkonstruktion aus Stahl einzubringen.

Das vierstöckige Dachwerk stellt einen dreifach liegenden Stuhl dar, der im 1. DG mit einer mittig stehenden Reihe aus vier profilierten Ständern kombiniert ist.

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