Gerberzunfthaus
Datenbestand: Bauforschung
Objektdaten
Straße: | Rathausplatz |
Hausnummer: | 15 |
Postleitzahl: | 73728 |
Stadt-Teilort: | Esslingen |
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Regierungsbezirk: | Stuttgart |
Kreis: | Esslingen (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8116019003 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Objektbeziehungen
Ist Gebäudeteil von: | |
1. Gebäudeteil: | Esslingen, Kesslerareal |
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Besteht aus folgenden Gebäudeteilen: | |
keine Angabe |
Wohngebäude (73728 Esslingen am Neckar, Apothekergasse 13)
Handwerkerhaus (73728 Esslingen am Neckar, Apothekergasse 9/11)
ehem. Franziskanerkloster (73728 Esslingen am Neckar, Blarerplatz 01)
Wohnhaus, Ehnisgasse 16 (73728 Esslingen am Neckar)
Wohnhaus, Ehnisgasse 18 (73728 Esslingen am Neckar)
Wohnhaus, Ehnisgasse 20 (73728 Esslingen am Neckar)
Ehem. Pfarr- und Zehnthof (Speyerer Pfleghof, Kesslerhaus), Georg-Christian-von-Kessler-Platz 12-16 (73728 Esslingen am Neckar)
Wohn- und Geschäftshaus, Hafenmarkt 5 (73728 Esslingen am Neckar)
Gelbes Haus (heute Stadtmuseum) , Hafenmarkt 9 (73728 Esslingen am Neckar)
Altenpflegeheim Obertor, ehemaliges Klarissenkloster (73728 Esslingen am Neckar, Hindenburgstraße 08)
Wohnhaus, Küferstraße 54 (73728 Esslingen am Neckar)
Wohn- und Geschäftshaus (73728 Esslingen am Neckar, Kupfergasse 15)
Ev. Stadtkirche St. Dionys (73728 Esslingen am Neckar, Marktplatz 17)
Blaubeurer Pfleghof (73728 Esslingen am Neckar, Mittlere Beutau 11)
Wohnhäuser (73728 Esslingen am Neckar, Oberer Metzgerbach 12-18)
Torgebäude mit Wohnhaus (73728 Esslingen am Neckar, Obertorstraße 21/23)
Schelztorturm, Schelztorstraße 02 (73728 Esslingen am Neckar)
Wohn- und Geschäftshaus (73278 Esslingen am Neckar, Webergasse 15)
Nanz-Halle (73728 Esslingen am Neckar, Webergasse 6)
Bauphasen
Das untersuchte Gebäude Rathausplatz 15 erreicht schon mit seinem Geschossständerbau von 1366/67 (d) das stattliche Alter von 640 Jahren. Doch im Untergeschoss und Erdgeschoss stecken nochmals ältere Bauteile von Vorgängerbauten. Da sie sich nicht nur im Bereich des Vordergebäudes, sondern auch unter dem Rückgebäude von 1496 befinden, sei hier der einfacheren Orientierung halber vorab kurz die Abfolge der Vorgängerbausubstanz skizziert:
Die älteste Mauerpartie bildet die Südwand des Kellers im mittleren Bereich des Vordergebäudes. Sie kann der Bauphase 1213-1230 zugeordnet werden. Darauf folgen die Nord- und Südwand des Rückgebäudes im UG und in der unteren Hälfte des EG, die um 1250 entstanden sein dürften. An die östliche Abbruchkante dieser Mauerwerkspartien schließen die nördliche und südliche EG-Wand des Vordergebäudes an, die nach Ausweis von Tür- und Fenstergewänden aus dem frühen 14. Jh. stammen. Auf diese Mauern wird 1366/67 (d) der Geschossständerbau aufgesetzt, wobei man das Gebäude um ca. 3,40 m nach Osten verlängert. 1496 (d) wird schließlich das Rückgebäude auf den älteren EG- und UG-Mauern als Stockwerksbau erbaut. Alle weiteren Veränderungen vom 16. bis zum 20. Jh. betreffen Modernisierungen und Reparaturen innerhalb der bis dahin errichteten Kubatur.
Das Gebäude Rathausplatz 15 besteht aus einem Vordergebäude in Geschossbauweise des Jahres 1366/67 (d) und einem Rückgebäude in Stockwerksbauweise von 1496 (d). Beide Bauten setzen auf Mauern mittelalterlicher Vorgängergebäude auf. So stammt eine Wandpartie im Keller des Vordergebäudes aus der Bauphase zwischen 1213-1230. Eine Mauerwerksecke und die beiden Traufwände des Rückgebäudes können der Bauphase um 1250 zugeordnet werden.
Ein großer Teil des UG- und EG-Mauerwerks des Vordergebäudes stammt aus dem frühen 14. Jh. Aus dieser zuletzt genannten Bauphase blieben zwei schartenförmige Schlitzfenster an der Südfassade sowie zwei gekehlten Doppelfenster mit langen schmalen Öffnungen und eine Türöffnung an der Nordfassade erhalten. Das Mauerwerk des 14. Jh. endet 3,40 m vor der heutigen Ostgiebelwand mit einer Eckquaderung. Erst mit der Errichtung des Geschossständerbaus 1366/67 (d) wird das Haus auf sein heutiges Maß verlängert. Dies wurde wohl durch die Verlegung der Gasse nach Osten ermöglicht, wie Parallelbefunde an den oberhalb stehenden Häusern Rathausplatz 16 bis 18 zeigen.
Zum Geschossständerbau von 1366/67 (d) gehört eine Bohlenstube mit verzierter Bohlen-Balken-Decke in der östlichen Querzone des 1. OG.Weitere bauzeitliche Innenwände konnten nicht erschlossen werden. Sie könnten aus wandhohem Lehmflechtwerk bestanden haben, das sich nur durch tiefe Eingriff in die Substanz nachweisen lässt. Von einem Umbau im frühen 15. Jh. stammen zwei Umfassungswände eines großen Raumes im nordwestlichen 2. OG. Sie sind als Spundwände aus genuteten vertikalen Brettern und schmalen Ständern konstruiert. 1485/86 (d) wurde das Fachwerk des östlichen Giebeldreiecks mit einer Ladeluke und einem bis heute erhaltenen Kran mit Schwenkarm und Wellbaum erneuert. Kurz darauf wurde 1496 (d) das Rückgebäude auf den älteren Grundmauern erbaut. Es zeigt die typischen Merkmale der Übergangszeit von der verblatteten zur gezapften Aussteifung. Der Stockwerksbau besaß im 1. OG zwei Räume in der westlichen Querzone und war ansonsten nicht weiter unterteilt. Im 2. OG könnte sich ein geschossgroßer Saal befunden haben. An der Südfassade des 1. OG sind bis heute die bauzeitlichen, schlanken Fensteröffnungen mit Oberlicht ablesbar. Aus einer Umbauphase des 16. Jh. stammt eine reiche Befensterung an der Nordfassade des 1. OG im Bereich des Vordergebäudes. An der Südfassade lassen sich vier Standorte von Aborterkern und zwei Küchen ablesen, die dem 16. bis 18. Jh. zuzuordnen sind. Ebenfalls aus dem 18. Jh. stammen die Treppe zwischen dem 1. und dem 2. OG sowie ein Oberlichtfenster mit erhaltenen Beschlägen im 1. OG.
Die Umbauten des 19. und 20. Jh. haben kaum qualitätvolle Substanz hinterlassen. Vielmehr haben sie zur Ausräumung des EG für das Sektlager und zur kompletten Erneuerung der Innenwände im 1. OG für die Umkleideräume, Bäder und Toiletten der Mitarbeiter der Sektkellerei Kessler geführt. Im Bereich der Bohlenstube brachte 1939 der Maler H.Barth seine Wandmalereien mit mittelalterlichen Trink- und Tanzszenen vor der Stadtsilhouette Esslingens an.
(1213 - 1230)
Die älteste Wandpartie ist die Südwand im mittleren Kellerbereich des Vordergebäudes. Sie besteht aus Quadermauerwerk mit unterschiedlich großen Steinen und Ausgleichschichten sowie etlichen wiederverwendeten Buckelquadern. Zweitverwendete Buckelquader kommen auch im Fundamentbereich der Südwand des Pfleghof-Hauptgebäudes vor, die in die Bauphase zwischen 1213 und 1230 datiert werden kann und damit einen Anhaltspunkt für die Entstehung der Wandpartie im untersuchten Gebäude gibt. Die fragliche Wandpartie baucht nach Süden aus und liegt nicht unter der EG-Mauer, sondern etwa 60 cm weiter südlich. Die EG-Wand sitzt damit nur etwa zur Hälfte auf der UG-Wand, zur anderen Hälfte dagegen auf dem vorhandenen Gewölbe auf. Dieser Befund irritiert, vor allem, da das Gewölbe nach Ausweis seiner Mauerwerkstruktur und zweitverwendeter Steine des 16. Jh. erst im 17. Jh. eingezogen wurde. Möglicherweise ersetzt es jedoch ein älteres Gewölbe aus der Zeit der Errichtung der EG-Mauer. Ein zugehöriges Gebäude lässt sich aus der Wandpartie nicht erschließen. Zusammengenommen mit den Befunden der Nachbarbauten, dürfte es jedoch innerhalb des heutigen Hausgrundes gelegen haben.
- Untergeschoss(e)
- Siedlung
- Dorf
- Stadt
- Steinbau Mauerwerk
- Buckelquader
- Großquader
(1230 - 1280)
Aus der folgenden Bauphase um 1250 stammen im Bereich des Rückgebäudes die nördliche und südliche Außenwand in den unteren Steinlagen des Erdgeschosses sowie das darunter liegende Mauerwerk im Keller. Dort zeigt außerdem die Südwest-Ecke einen Eckverband und übereinstimmendes Mauerwerk an der südlichen Partie der Westwand, sodass auch sie zeitgleich einzuordnen ist. Im EG fehlt dagegen ein Eckverband. Die Wände bestehen aus Großquadermauerwerk, das im Osten ohne Abschluss abbricht. Vor allem an der Nordfassade ist dieser Befund deutlich zu sehen: Das Mauerwerk endet nicht mit einer senkrechten Fuge, sondern bricht mit einer offen liegenden Verzahnung ab. Einzelne Quader dieser Abbruchkante wurden bauzeitlich für einen Lagenversprung mit Ausgleichssteinen zugearbeitet, was die ursprüngliche Fortsetzung nach Osten mit einer Wand oder einer Eckquaderung belegt. Das heute nach Osten folgende Bruchsteinmauerwerk stammt aus der nachfolgenden Bauphase und wurde gegen die
Abbruchkante gemauert. Auch im Keller belegen die schrägen Überleitungen zwischen beiden Gebäudeteilen, dass hier zwei ältere, ursprünglich separate Gebäude nachträglich miteinander verbunden wurden. Im Keller spricht zudem das vorspringende und aus Bruchsteinmauerwerk bestehende Fundamentmauerwerk dafür, dass das Kellerniveau nachträglich abgetieft wurden und dass das darüber liegende Quadermauerwerk aus der Zeit vor den Aufplanierungen in und um das Pfleghofareal, also aus der Zeit vor 1280 stammt. Die Ostgiebelwand des Rückgebäudes dürfte kurz auf die vorhandene Abbruchkante gefolgt sein. Sie wurde abgebrochen, als man im frühen 14. Jh. das Vordergebäude erneuerte und dabei beide Gebäudeteile miteinander verband. Zumindest im Keller wurde damals ein durchgehender Raum geschaffen. In der Außenkubatur entstand ein langgestrecktes Haus, das im Osten gegenüber dem heutigen Haus noch 3,40 Meter kürzer war.
- Erdgeschoss
- Untergeschoss(e)
- Siedlung
- Stadt
(1300 - 1350)
Vom Neubau des frühen 14. Jhs. stammen die Keller-Nordwand des Vordergebäudes, das erwähnte Verbindungsmauerwerk zum Rückgebäude an der Keller-Südwand sowie die nördliche und südliche Traufwand des Vordergebäudes im Erdgeschoss. Zum Gebäudeinneren zeigen diese Wände Quadermauerwerk, an den EG-Fassaden dagegen Bruchsteinmauerwerk. Nur die nordöstliche Eckquaderung und die Fenstergewände sind aus Werksteinquadern gemauert. Die Eckquaderung belegt das östliche Ende des damaligen Hauses. Zwar fehlt die entsprechende Eckquaderung auf der Südseite auf Grund späterer Veränderungen, doch im Keller lassen sich auch auf dieser Seite das ehem. östliche Ende und die spätere Verlängerung ablesen.
Von den beiden erhaltenen Außenwänden war die Nordseite die repräsentativere Fassade: Dort blieben zwei hohe Doppelfenster erhalten, deren lange, schmale Öffnungen von einem flach gekehlten Profil umlaufen wurden. Westlich folgte eine rechteckige Türöffnung mit breit gefalztem Gewände und stichbogiger Laibungsnische. Auf der Südseite sind dagegen lediglich zwei hohe, schlanke Schartenfenster vorhanden. Weder die Lage der Eckquaderung noch die Fenstergliederung zeigen einen Zusammenhang mit der Gliederung des darüber sitzenden Geschossständerbau von 1366/67 (d).
- Erdgeschoss
- Untergeschoss(e)
(1366 - 1367)
Im Jahr 1366/67 (d) wird auf dem gemauerten Erdgeschoss des frühen 14. Jh. ein neuer Geschossständerbau mit zwei Obergeschossen und zwei Dachgeschossen errichtet. Dabei wird auch das Erdgeschoss und vermutlich auch der Keller um ca. 3,40 m nach Osten erweitert.
Dies ist kein Einzelbefund für die Häuserzeile am Rathausplatz: Eine nachträgliche Verlängerung nach Osten lässt sich auch für die oberhalb gelegenen Häuser Rathausplatz 16 bis 18 feststellen. Beim Gebäude Rathausplatz 18 fällt diese Maßnahme sogar ebenfalls in die Mitte des 14. Jhs. Dies spricht für eine Verlegung der Gasse nach Osten in dieser Zeit. Laut Auskunft von Herrn Dr. Schäfer vom Landesamt für Denkmalpflege konnte der entsprechende Befund auch für die Vorgängerbauten des Alten Rathauses erhoben werden: Ihre Keller ragten in den heutigen Gassenraum hinein.
Der Geschossständerbau ist mit drei etwa gleich breiten Querzonen und zwei Längszonen konstruiert. Die Querbinder liegen im 1. und 2. Obergeschoss sowie im Dach exakt übereinander. Sie sind von Osten nach Westen von 1 bis 4 durchgezählt. Mit Ausnahme des Ostgiebels weisen alle Bundseiten nach Westen. Der Längsbinder im 1. und 2. OG ist gegenüber der Gebäudemitte um etwa einen Meter nach Süden versetzt, so dass die nördliche Längszone etwas breiter ist als die südliche. Die Bundseite weist hier nach Norden. Die Geschossständerkonstruktion des Unterbaus lässt sich gut an den beiden Trauffassaden ablesen: Auf einem Längsbalken über dem EG-Mauerwerk liegt über einem bis an die Fassade durchlaufenden Dielenbelag der Schwellriegel des 1. OG auf. Er ist in die Eckständer eingezapft und läuft unter den Geschossständern 2 und 3 durch. Längsbalken und Dielenboden belegen für das gesamte EG eine Längsbalkenlage. Über dem 1. OG ist dagegen eine Querbalkenlage vorhanden. Sie liegt auf den Geschossriegeln auf, die zwischen die Geschossständer gezapft wurden. Einige Balkenköpfe der Deckenbalken sind noch heute an der Fassade erkennbar. Das Rähm für die Auflager der Dachbalken läuft über den Geschossständern durch, die Ständer sind dort eingezapft. Blattsassen zeigen, dass die Ständer jeweils mit Geschosshohen Steigbändern ausgesteift waren (Abb. 5 und 6). Hinzu kam an jedem Geschossständer ein Fußband zum Schwellriegel des 1. OG sowie ein Kopfband zum Rähm des 2. OG. Nur an den Eckständern kommen statt der Steigbänder Geschossübergreifende Bänder vor, die knapp über dem Geschossriegel ansetzten, diesen überblatten und bis zum Schwellriegel des 1.OG hinunterlaufen. Heute sind mit Ausnahme von zweieinhalb Bändern der Südfassade alle Aussteifungshölzer abgegangen. Zwei Fotoaufnahmen zeigen für die Südfassade im Zustand von ca. 1900 jedoch noch einen größeren Bestand (Abb. 7 und 8). Das Dachwerk ist mit einem stehenden Stuhl im 1. DG konstruiert. Der ehemalige Ostgiebel ist nicht erhalten, da er um 1485/86 (d) komplett erneuert wurde. Auch vom ehem. Westgiebel blieben nur der südliche Bundständer und der Dachbalken erhalten. Dieser Bundständer war mit einem Steigband in der Fassadenebene und einem Kopfband zum Stuhlrähm hin ausgesteift. Vom Eckständer des Unterbaus führte ein Kopfband bis zum Dachbalken. Der Giebelsparren war in den Dachbalken eingezapft. Die Stuhlrähme und die Stuhlständer der innenliegenden Querbinder sind dagegen noch vorhanden. Sie sind mit Steigbändern in Querrichtung und mit beidseitigen, unterschiedlich hoch ansetzenden Kopfbändern in Längsrichtung ausgesteift. Die Längsbundseiten zeigen jeweils zur Dachmitte. Die Bundständer sind von Osten nach Westen mit quadratischen Hieben gezählt. Auch von den Kehlbalken des 1. DG ist noch der größte Teil in situ vorhanden, wie die Abbundzeichen belegen: Von ursprünglich 19 Kehlbalken fehlen heute nur drei Stück. Das Abbundzeichensystem besteht aus einer Fünferzählung, deren Gruppen durch Zusatzzeichen markiert werden (vgl. hierzu die Kartierung im Baualtersplan des 1. DG, S. 10). Die Verblattungen mit den Sparren wurden allerdings während einer Reparaturmaßnahme zu Beginn des 20. Jh. gelöst. Dabei wurde etwa die Hälfte der Sparren erneuert. Die andere Hälfte stammt zwar noch aus der Bauphase 1366/67 (d) wurden jedoch wie die neuen Sparren auf eine Sparrenschwelle aufgesetzt und nicht mehr an der ursprünglichen Stelle eingebaut. Die originalen Kehlbalken und die zweitverwendeten Sparren zeigen auch, dass es im 2. DG keine Stuhlkonstruktion gab, sondern lediglich angeblattete Kehlbalken. Bis in die Zeit um 1900 vor den umfassenden Dachreparaturen besaß das Satteldach eine Hohlziegeldeckung. Zwei Befunde im Dach belegen wandhohe Lehmflechtwerk-Ausfachungen für die Bauphase 1366/67 (d): Ein zweitverwendeter Sparren besitzt Bohrlöcher für die Staken; der Dachbalken des ehem. Westgiebels ist an seiner Oberseite genutet. Da am Sparren keine Blattsassen oder Zapflöcher für Riegel vorhanden sind
und die Bohrlöcher für kräftige Staken sprechen, bestand wohl keine horizontale Unterteilung in einzelne Gefache. Auch an den Bundständern konnten weder an den Fassaden, noch durch Sondagen im Gebäudeinneren Riegel nachgewiesen werden. Dies macht es freilich auch schwer, eine ursprüngliche Grundrissgliederung zu belegen: Mit Ausnahme von Bohlenwänden lassen sich die bauzeitlichen Flechtwerkwände nur an den Ober- bzw. Unterseiten der Schwellen, Rähme oder Geschossriegel identifizieren. Da sie alle in spätere Wände eingebaut sind, wären hierzu tiefe Sondagen notwendig gewesen. Im Rahmen der vorliegenden Voruntersuchung mussten sie unterbleiben. Bei späteren Baumaßnahmen sollten jedoch alle Befunde dokumentiert werden, um sicheren Aufschluss über die Grundrissauslegung im Zustand von 1366/67 (d) zu erhalten.
Die folgenden Ergebnisse sind unter diesem Vorbehalt zu sehen. Der genannte zweitverwendete Sparren mit Bohrlöchern einer Lehmflechtwerkwand stammt vermutlich von einer der Giebelwände. Er könnte jedoch auch in Querbundebene 3 gesessen haben und damit zu einer Innenwand gehört haben. Dies wäre jedoch die einzige Möglichkeit für eine ehem. Innenwand im Dach. Alle übrigen Kehlbalken sind erhalten und besitzen keine Stakenlöcher. Für das 2. OG liegen keine Befunde für ehem. Innenwände in Bauphase 1366/67 (d) vor. Eine Bohlenwand für eine Stube in der östlichen Querzone wie im 1. OG existierte nicht, denn an den Geschossständern sind keine Bohlennuten vorhanden. Die nördliche Hälfte der westlichen Querzone wurde noch im Mittelalter mit einer Spundwand abgetrennt. Da sie mit ihren Ständern und senkrechten Brettern ohne Verbindung zu den Geschossständern in einen eigenen Schwellriegel eingenutet wurde, gehört sie nicht mehr der Bauphase 1366/67 (d), sondern einer späteren Umbauphase des frühen 15. Jh. an. Am mittleren Geschossständer von Bund 2 konnten beidseitige Kopfbänder in der Querbundebene sondiert werden, die auf gleicher Höhe ansetzten. All diese Befunde sprechen bislang dafür, dass das 2. OG im Zustand von 1366/67 (d) nicht oder nur sehr spärlich durch Innenwände gegliedert war. Im 1. OG war die gesamte östliche Querzone durch eine Bohlenwand und eine untergehängte BohlenBalken-Decke als Stube abgetrennt. Die horizontalen Bohlen sind noch im Bereich der nördlichen Außenwand erhalten. Die Bohlenwände nach Westen und Süden wurden zu Beginn des 20. Jh. entfernt und durch Bimssteinmauerwerk ersetzt, Bohlennuten in den Ständern belegen jedoch ihre einstige Existenz. Die Balken der Stubendecke sind durch Fasen mit Ausläufen oder mittigen Rautendekor verziert. Die Decke war
auf der Nord- und Südseite abgewölbt. Im Norden ist die ursprüngliche Situation erhalten. Auf der Südseite wurden dagegen während der Reparaturen des 20. Jh. der südlichste Balken neu verlegt und die beiden südlichsten Bohlen erneuert, so dass die Decke auf dieser Seite heute nahezu horizontal verläuft. Für Wände im übrigen Bereich des 1. OG liegen keine Befunde vor. Sicher belegt ist, dass die breitere, nördliche Längszone ohne Querunterteilung blieb. Dies zeigen hoch ansetzende Kopfbänder am nördlichen und mittleren Geschossständer von Bund 3, die an ihrer Unterseite durch bogenförmige Einsägungen auf Sicht verziert wurden. Zwei symmetrisch ansteigende Kopfbänder in Längsrichtung am mittleren Geschossständer des gleichen Bundes deuten wie im 2. OG darauf hin, dass auch in Längsrichtung keine Wand saß - im Zusammenhang mit einer Wand wäre wohl wie an den Fassaden ein Steigband zum Einsatz gekommen. So könnte also das 1. OG lediglich in die östliche Bohlenstube und eine große offene Halle gegliedert gewesen sein. Das Erdgeschoss wurde im 20. Jahrhundert für das Tanklager der Sektkellerei vollständig ausgeräumt. Auch die Decke wurde durch eine Stahlträger-Fertigteil-Konstruktion ersetzt. An den verstellten oder verputzten Außenwänden ließen sich keine Hinweise für ehemalige Innenwände beobachten. Im Keller datiert die östliche Erweiterung mit einem kleinen Nebenkeller in der Nordost-Ecke vermutlich ebenfalls in die Bauphase 1366/67 (d). Ein Torfalz mit einem Bogenansatz im Anschluss der Südwand an die ältere Kellerpartie weist entweder auf das untere Werksteingewände eines Kellertreppenhalses oder auf einen Zugang zu einem weiteren, abgetrennten Kellerraum hin. Die Kellererschließung dürfte zur damaligen
Zeit wie auch bei den oberhalb gelegenen Gebäuden des Rathausplatzes von der östlich gelegenen Gasse her erfolgt sein.
- Erdgeschoss
- Obergeschoss(e)
- Dachgeschoss(e)
- Untergeschoss(e)
- Holzgerüstbau
- Geschossgerüst
(1404)
- Erdgeschoss
- Obergeschoss(e)
- Dachgeschoss(e)
- Untergeschoss(e)
- Öffentliche Bauten/ herrschaftliche Einrichtungen
- Zunfthaus
(1485 - 1486)
- Dachgeschoss(e)
(1496)
Im Jahr 1496 (d) wurde der westliche Baukörper auf dem Großquadermauerwerk der Zeit um 1250 neu überbaut. Dazu wurde die obere Hälfte der EG-Außenwände in Bruchsteinmauerwerk aufgemauert, so dass das Fußbodenniveau für das 1. OG etwa auf die gleiche Höhe gebracht werden konnte, wie im östlichen Gebäudeteil. Über der EG-Mauerlatte sitzen ein zweistöckiger Stockwerksbau und ein zweigeschossiges Satteldach. Auf den quer verlaufenden Deckenbalken über dem EG und dem 1. OG liegt ein bis an die Fassade durchlaufender Dielenboden auf. Das Dach ist mit vier Querbindern, der Unterbau mit drei Querbindern konstruiert. An Stelle des östlichen Innenquerbinders sind an den Fassaden des 1. und 2. OG keine Bundständer, sondern lediglich Wandständer vorhanden. Eine mittige Längsbundebene gliedert außerdem das 1. und 2. OG. Abbundzeichen konnten nicht beobachtet werden - vermutlich wurden Rötelmarkierungen benutzt, die inzwischen übertüncht wurden oder abgewittert sind. Das Gefüge zeigt die typischen Merkmale der Übergangszeit zwischen “mittelalterlichem” und “neuzeitlichem” Fachwerk der Zeit um 1500: Die meisten Bänder sind noch geblattet, es treten jedoch auch gezapfte Streben auf. Wenn z.B. an einem Ständer die Queraussteifung angeblattet wurde, so ist die Längsaussteifung mit Zapfen ausgeführt, oder das System wird umgekehrt angewendet. Alle Aussteifungshölzer sitzen eng an den Ständern und sind dadurch sehr steil. Steigbänder kommen nicht mehr vor. Im Unterbau reichen die Bundständer bis auf den Dielenboden hinunter, die Schwellen sind als Riegel zwischen die Ständer gezapft. Vom gedoppelten Rähm des 1. OG sind die unteren Balken ebenfalls als Riegel ausgeführt. Zwei weitere Riegelreihen unterteilen die Wandfelder. Der obere Riegel sitzt recht hoch, so dass hohe Fensteröffnungen möglich wurden. Die Wandfelder waren mit Lehmflechtwerk geschlossen, wie erhaltene Partien am Westgiebel und Stakungslöcher in der Flucht des westlichen Innenquerbinders im 1. OG belegen. An der Südfassade sind im 1. OG noch alle drei bauzeitlichen Fensteröffnungen mit ihren Stielen erhalten. Die Stiele überblatteten ursprünglich die Sturzriegel, eine breite Fase am Rähmriegel belegt, dass die Öffnungen mit Oberlichtern ausgestattet waren.
Das Dachwerk ist mit einem liegenden Stuhl in allen vier Querbundebenen konstruiert. Auch der Westgiebel besitzt also einen liegenden Stuhl. Die Stuhlstreben sind mit steilen Kopfstreben zum gezapften Druckriegel ausgesteift. Die Kehlbalken im 1. und 2. DG sind dagegen geblattet. Der Windverband besteht in allen drei Querzonen aus einem mittigen Riegel und einem Andreaskreuz.
Dass der Bau von 1496 (d) sowohl im Westen als auch im Osten gegen bestehende Gebäude bzw.
geschlossene Wände gesetzt wurde, belegt die offene Fachwerkkonstruktion ohne Wandfüllungen an der Westwand des 1. OG und an der Ostwand des 2. OG. Mit dem Fußbodenniveau passte man sich in beiden Obergeschossen dem Geschossständerbau von 1366/67 (d) an, sodass vermutlich eine Verbindung beider Häuser existierte. Zur Raumgliederung im EG existieren keine Befunde, da durch das Sekt-Tanklager die gesamte Innenstruktur verloren ging. Im 1. OG sind die Innenwände eines abgetrennten Raumes in der Südwest-Ecke erhalten, das Binnenfachwerk wurde jedoch teilweise in späterer Zeit verändert. Der Türzugang lag etwa mittig in der Ostwand. Auf Grund der Bundseiten und des bis zur Nordfassade durchlaufenden Wandrähms lässt sich schließen, dass auch der nördliche Teil der westlichen Querzone als zweiter Raum abgeteilt war. Die übrige Fläche war vermutlich ein großer, offener Raum. Dafür spricht auch die Tatsache, dass an den Trauffassaden keine Bundständer, sondern lediglich Zwischenständer für die östliche Innenquerbundebene vorhanden sind. Im 2. OG gab es vermutlich gar keine Innenwände, die gesamte Fläche war als ein Raum - ein Saal? - genutzt. Das Dach blieb unausgebaut. Bereits vor den Baumaßnahmen 1496 (d) am Rückgebäude war der Ostgiebel des Vordergebäudes erneuert worden. Das dendrochronologisch auf das Jahr 1485/86 (d) datierte Fachwerk besteht aus Stuhlständern mit ständersymmetrischen Fußbändern, die im 1. DG knapp oberhalb der Brustriegelreihe ansetzten, im 2. DG dagegen unter dem Brustriegel an den Ständer geblattet sind, dafür jedoch bis zum Rähm des 1. DG durchzulaufen scheinen. Im 1. DG wurde eine mittige Ladeluke mit beidseitigen Fensteröffnungen eingerichtet. Der schwenkbare Kranarm und der zugehörige Wellbaum sind noch erhalten.
- Obergeschoss(e)
- Dachgeschoss(e)
- Anbau
- Holzgerüstbau
- Unterbaugerüst
(1500 - 1900)
Im 16. Jahrhundert wurde nach Ausweis des nördlichen Fassadenfachwerks das 1. OG des Geschossständerbaus in der mittleren und westlichen Querzone umgebaut. Von dieser Maßnahme blieben Ständer mit kurzen, steilen Fußstreben, ein Rähmriegel, ein Brust- und ein Sturzriegel sowie mehrere Fensterstile mit Klappladenfälzen erhalten. Die Hölzer belegen eine reiche Befensterung und zeigen, dass noch im 16. Jh. die nördliche Tauffassade im Vergleich zur südlichen Trauffassade als repräsentative Fassade behandelt wurde. Möglicherweise kam von dieser Seite auch mehr Licht. Das nördliche Nachbargebäude Rathausplatz 16 besitzt zwar im UG und EG mittelalterliche Substanz, der darüber stehende Fachwerkbau wurde jedoch erst 1656 (d) erbaut. Von den Umbauten des 16. Jh. blieben im Inneren durch die späteren Veränderungen keine zugehörigen Wände erhalten.
An der südlichen Trauffassade sind vier Aborterker nachweisbar, die dem 16. bis 18. Jh. angehören. Der Erker im Bereich der heutigen Geschosstreppe vom 1. ins 2. OG wurde nach dem Treppeneinbau höher gelegt, so dass er vom Treppenpodest aus benutzt werden konnte. Dies erlaubt die Datierung der Treppe in das 18. Jh. Nicht nur die Aborte, sondern auch zwei Ausgusssteine für Küchen belegen, dass die Südseite als Rückseite betrachtet wurde. Sie sind auf dem Foto aus der Zeit um 1900 dokumentiert. Demnach lag je eine Küche im 1. und 2. OG in der mittleren Querzone des Geschossständerbaus von 1366/67 (d). Verrußungen an den Dachbalken aus Bauphase 1366/67 (d) und den Bodenbrettern sprechen außerdem dafür, dass dieser Küchenstandort schon seit Jahrhunderten existierte. Der Keller unter dem Gebäude kam frühestens im 16. Jh. zur Geistlichen Verwaltung der Stadt Esslingen. Der Plan von Johann Michael Salzmann aus dem Jahr 1746 (Abb. 4) gibt das spätest mögliche Datum für die Zuordnung zur Geistlichen Verwaltung im ehem. Speyerer Pfleghof an. Auf diesem Plan fehlt bereits eine Erschließung von der östlichen Gasse aus. Dagegen sind die Verbindungen zum nördlichen Nachbarkeller und zum westlich anschließenden langen Keller bereits vorhanden. Der kleine abgeteilte Hauskeller in der Nordost-Ecke ist bei Salzmann nicht dargestellt, wohl weil er nicht zur Geistlichen Verwaltung,sondern zum Haus Rathausplatz 15 gehörte. Auf den damaligen oder einen vormaligen Eigentümer oder Bewohner könnte Salzmanns Benennung des gesamten Kellers als “Gerberkeller” hindeuten. Einige Jahrzehnte später werden im Häuseranschlagsprotokoll Kandlers von 1773/74 der Kübler Johann Adam Windnagel als Eigentümer und die ledige Catharina Schilling sowie die Witwe des Färbers Johann Eyßelens als Mieterinnen aufgeführt. Das Gewölbe im Keller unter dem Vordergebäude wurde vermutlich bereits im frühen 17. Jh. eingezogen. Darauf folgten im 18. Jh. die Einwölbung des östlichen Erweiterungsbereichs und des Kellers unter dem Rückgebäude. Aus dem 18. Jh. stammen auch die Umfassungswände des Raumes 5.1.11 im 1. OG zusammen mit einem Oberlichtfenster dieser Zeit, die Umfassungswände der südöstlichen Stube im 2. OG und erneuerte Wandpartien an der südlichen Trauffassade sowie an der Nordost-Ecke des Erdgeschosses. Mit dem Einbau des Gewölbes wurde die Befensterung an den EG-Außenwänden des Rückgebäudes verändert. Aus dem 19. Jh. stammen im 2.OG die Umfassungswände mehrerer Räume sowie Fachwerkpartien an der südlichen Traufseite. Um 1900 wurde der Aufgang zum 1. OG durch einen schmalen Flur aus dem EG-Grundriss ausgeschieden. Starke Einschnitte brachten Umbauten in der Zeit um 1939 mit sich: Im 1. OG wurden nahezu alle Innenwände und auch einige Außenwände mit einfachem Fachwerk, Bimssteinausfachungen oder Bimssteinmauerwerk erneuert. Dabei verlor die Bohlenstube ihre westliche und südliche Bohlenwand sowie die südliche Wölbung der Bohlen-Balken-Decke. Für das EG bedeutete der Einbau des Tankraumes der Sektkellerei und die neue Stahlträgerdecke des 20. Jhs. den Verlust aller älteren Binnenstrukturen.
- Erdgeschoss
- Obergeschoss(e)
- Untergeschoss(e)
(1600 - 1700)
- Wohnbauten
- Wohnhaus
- Gewerbe- und Industriebauten
- Kellerei
Zugeordnete Dokumentationen
- Bauhistorische Voruntersuchung
Zonierung:
Konstruktionen
- Holzgerüstbau
- Geschossgerüst
- Unterbaugerüst
- Decken
- Einschubdecke
- Dachform
- Satteldach
- Dachgerüst Grundsystem
- Sparrendach, q. geb. mit liegendem Stuhl