Wohn-Geschäftshaus (Renaissancegiebel)
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
Objektdaten
Straße: | Obermarkt |
Hausnummer: | 1 |
Postleitzahl: | 78426 |
Stadt-Teilort: | Konstanz |
|
|
Regierungsbezirk: | Freiburg |
Kreis: | Konstanz (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8335043012 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Wohnhaus, Fischmarkt 5 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Fischmarkt 7 (78426 Konstanz)
Zum hinteren Walfisch, Hohenhausgasse 5 (78426 Konstanz)
Ehem. Astoria, Katzgasse 9 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Salmannsweilergasse 14 (78426 Konstanz)
Wohnhaus (Rückgebäude), Salmannsweilergasse 28 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Salmannsweilergasse 30 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Sankt-Stephans-Platz 47 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Tirolergasse 16 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Torgasse 8 (78426 Konstanz)
Wessenberghaus, ehem. Domhof, Wessenbergstraße 41 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Wessenbergstraße 12 (78426 Konstanz)
Wohnhaus (Rückgebäude), Wessenbergstraße 14 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Wessenbergstraße 33 (78426 Konstanz)
Wohnhaus „Roter Goggelhahn“, Wessenbergstraße 35 (78426 Konstanz)
Wohn- und Geschäftshaus „Zur Lilie", Wessenbergstraße 37 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Wessenbergstraße 39 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Wessenbergstraße 43 (78426 Konstanz)
Wohnhaus, Zollernstraße 19 (78426 Konstanz)
Bauphasen
Die Geschichte des Gebäudes wurde von Paul Motz in einem 1967 erschienenen Aufsatz zusammengefasst. Die Autoren nachfolgender Zeitungsartikel haben für ihre geschichtlichen Angaben auf die Angaben von Motz zurückgegriffen. Im Jahr 1571 befindet sich das Gebäude „zum großen Mertzen“ im Besitz des Bürgermeisters Hans Jakob Atzenholz. Er wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts in den Adelsstand erhoben. 1599 folgte ihm Johannes Atzenholz als Hausbesitzer, auf den die Errichtung des inschriftlich 1601 datierten und mit dessen Wappen verzierten Renaissancegiebels zurückgehen müsste. Auch unter den nachfolgenden Besitzern waren mehrfach Inhaber städtischer Ehrenämter. 1863 erwarb der Kaufmann Gottlob Grüzmann „das Haus zum hinteren oder kleinen Mertzen“ dazu, fasste die beiden Häuser zusammen und richtete hier ein Papier- und Schreibwarengeschäft ein. Nach Motz sei das Dachwerk des Hausteils am Obermarkt „spätmittelalterlich in seiner Konstruktionsweise“.
Nahaufnahmen der Sammlung Wolf und eine ausgesprochen detaillierte Zeichnung Ludwig Leiners lassen erkennen, dass der Giebel im späten 19. Jahrhundert in einem schadenträchtigen Zustand war und einige Teile fehlten. Während das untere Geschoss in seiner Formgebung dem heutigen Zustand entspricht, wies das obere Geschoss eine sehr viel schlichtere Formgebung auf. Seitlich des Wappenfelds waren die Vorlagen ungegliedert und ihnen waren oben nur schmale, flache Konsolen aufgelegt. Oberhalb des Wappens bildet eine steile Schräge die Überleitung zum Gesims. Die Spitze bildete ein Postament, wie es unten eine Kugel trägt, doch ist ihm hier das Fähnchen direkt aufgesteckt.
Das Wappen zeigt insgesamt leicht veränderte Proportionen und die floral gestaltete Helmdecke Abweichungen. Der Bügelhelm war etwas kleiner, vor allem aber war der untere Ornamentkranz am Übergang zur Helmzier so zerstört, dass zumindest die Aufnahmen nicht erkennen lassen, ob es sich einst um eine Krone gehandelt hatte. Die Aufnahmen lassen auch erkennen, dass die drei eisernen Fähnchen mit den Tritonen unverändert geblieben sind und auch ihre Plätze nicht vertauscht haben. Die Zeichnung Leiners weist zwar eine leichte Farbgebung auf, nicht jedoch innerhalb des Giebels und auch auf den Fotografien erscheint alles im selben Grauwert, was darauf schließen lässt, dass ein monochromer Anstrich aufgebracht war.
In einer historischen Zeichnung des Obermarkts mit der Giebelseite des Gebäudes Obermarkt 1, die Rudolf Zimmermann zugeschrieben und um 1890 datiert wird sind die beiden Fenster im Erdgeschoss rundbogig geschlossen, die Fenster der Obergeschosse besitzen architektonische Rahmungen in Anlehnung an das Doppelfenster des Giebels und im ersten Giebelgeschoss sind rechts und links außen vertikale Strukturen, die wie kleine Schlitzöffnungen erscheinen, bei denen es sich aber auch um Schlaudern zur Rückverankerung im Dachwerk handeln könnte. Dabei ist die Darstellung in Grauwerten gehalten. Alle diese Merkmale lassen sich auf keiner weiteren Bildquelle wiederfinden. Auch die anderen Gebäude nördlich und südlich des Obermarkts haben Aufwertungen in diesem Sinne erfahren. Damit wich der Zeichner recht weit von der damaligen Realität ab. Möglicherweise handelt es sich um einen Verschönerungsvorschlag des Stadtbilds.
Die Unterschiede zwischen dem Zustand, wie er von der Zeichnung Leiners und den Fotos aus der Sammlung Wolf festgehalten wurde und dem heutigen Bestand weisen eine Wiederherstellung nach. Der Vergleich weiterer historischer Aufnahmen – vornehmlich die Postkarten im Stadtarchiv und der Sammlung Deeg – lassen eine Überarbeitung der Giebelarchitektur erkennen, bei der unter anderem die Ornamente um das Wappenfeld herum in Anlehnung an die Fensterrahmung des unteren Geschosses angebracht, auf der Spitze eine Kugel ergänzt und das oberste Fähnchen schmiedeeisernen Schnörkeln aufgewertet wurden. Auch beim Wappen wurden fehlende Teile ergänzt, vor allem der weitgehend abgängige Übergang vom Helm zur Helmzier, wo der Verdacht besteht, dass das schuppenartige Ornament am Ansatz des Schwanenhalses aus Verlegenheit einfach nach unten gespiegelt wiederholt wurde. Die Vergoldung dieses Bereichs in der bestehenden Fassung suggeriert eine Krone.
Offenbar erfolgte die Wiederherstellung in Verbindung mit der Anbringung großer Werbeflächen an beiden Fassaden, die ausführlich über das im Gebäude befindliche Papier- und Schreibwarengeschäft und dessen Angebote informieren sollten. Es handelt sich nicht um angebrachte Schilder, sondern um plastisch im Putz angelegte Flächen. Es legt die Annahme nahe, dass sie in der gleichen Technik wie auch die Überarbeitung des Giebels mit Zementauftrag hergestellt wurden.
Zwei nicht näher bezeichnete Fotografien in der Sammlung Deeg zeigen schwere Schäden an Fensterverdachung und Wappen. Es kann sich nur um den Zustand handeln, wie er bei der Wiederherstellung angetroffen wurde. Der Vergleich mit den Aufnahmen der Sammlung Wolf macht die drastische Verschlimmerung binnen weniger Jahre deutlich. Der Schwanenhals war damals anscheinend auf der Innenseite schwarz gefärbt und trug im unteren Teil – sofern es sich nicht um Zufallsformen des Abblätterns handelt – eine kleinteilige ornamentale Bemalung ähnlich einer Damaszierung.
Eine zeitliche Einordnung fällt schwer, da die Aufnahmen größtenteils nicht datiert sind. In der Sammlung Deeg befindet sich ein Stich als Teil einer Zusammenstellung verschiedener Konstanzer Motive, die nach Vorlage von Fotografien gefertigt wurden. Der Giebel ist im Zustand vor den Ergänzungen wiedergegeben. Das Blatt kann um 1895 datiert werden (vgl. Konstanzer Museumskataloge I,1, 1987: Kat.-Nr. 2.2.44, S. 51). Eine der Postkarten mit bereits ergänztem Giebel ist nach Poststempel 1904 datiert, und auf einer Fotografie der Sammlung Deeg ist im Vordergrund eine Wandzeitung erkennbar, die bei starker Vergrößerung ebenfalls als Datum 1904 erkennen lässt. Die Bemalung des Hauses zum Hohen Hafen hilft bei einer zeitlichen Eingrenzung nicht weiter, da sie nach Inschrift erst im Jahr 1906 ausgeführt wurde. Der Baum in der Platzmitte erscheint auf Aufnahmen vor und nach der Umgestaltung in nahezu gleicher Größe, sodass die Umgestaltung tatsächlich nur kurze Zeit vor 1904 erfolgt sein dürfte. Eine vertiefte Beschäftigung mit der Geschichte des Gebäudes, der Nachbarbebauung, den Lebensdaten der Fotografen usw. würde sicherlich eine nähere Eingrenzung erlauben, wovon im Rahmen der Untersuchung aber abgesehen wurde.
In den Bauakten ist ein Umbau des Gebäudes dokumentiert, der vorrangig der Schaffung einer größeren Ladenfläche im Erdgeschoss für ein Papier- und Schreibwarengeschäft galt, verbunden mit einer Entfernung von Innenwänden, der Verlegung der Treppe und dem Einbau großer Schaufenster zu Obermarkt und Paradiesgasse hin (Baugesuch 20. April 1906). In der Sammlung Deeg finden sich hierzu zwei undatierte Ansichtszeichnungen, die offenbar mit dem Umbau in Verbindung stehen: Die Fotokopie einer Giebelansicht des Architekturbüros Arnold Jenny in Konstanz, das die beiden stichbogigen Öffnungen mit Werksteinbogen und ornamentiertem Schlussstein zeigt sowie auf dieser basierend eine Giebelansicht der Kunstwerkstätte Gebrüder Mezger in Überklingen, als Entwurf für eine Fassung. Vorgesehen war eine flächige Bemalung mit Quadern mit stark vortretendem (bzw. schattenwerfendem) Eckverband, einem mit Schnörkelwerk verzierten Ladenschild zwischen erstem und zweitem Obergeschoss, weiterem Schnörkelwerk als Verdachung der Fenster des zweiten Obergeschosses und als Füllung der Rücklagen unter den Voluten des Giebels mit einem Maskaron.
Die Giebelwand zum Obermarkt wurde aufgrund einer starken Ausbauchung bei zusätzlicher Schwächung durch die breiten Durchbrüche als einsturzgefährdet eingestuft und auf Anordnung des Großherzoglichen Bezirksamts in Karlsruhe (5. Juli 1906) unter Erhaltung von Renaissancegiebel und Eckstrebepfeiler erneuert. Der Zustand nach Ausbruch des Mauerwerks ist in einer Fotografie in der Sammlung Deeg dokumentiert. Beim Ausbruch des Mauerwerks wurde neben anderen Spolien ein in Stein gehauener Kopf einer Katze mit einem Fisch im Maul ohne erkennbaren baulichen Zusammenhang gefunden (Konstanzer Zeitung vom 22.6.1906; Konstanzer Häuserbuch S. 133, Anm. 4) und im Inneren eingemauert, wo er heute an der Decke sichtbar ist. Das Ornament auf den Schlusssteinen der neuen Schaufenster ist auf den durchgesehenen Aufnahmen nicht zu erkennen, sodass dieser Plan vermutlich nicht ausgeführt wurde.
Im Rahmen des Umbaus wurden auch einige Fenster auf der Traufseite zur Paradiesgasse im ersten Obergeschoss zur Erhöhung der Standfestigkeit vermauert. An dieser Stelle war 1906 ein Wandbild vorgesehen, dass den „Empfang Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs anläßlich des 80n Geburtstags“ zum Motiv haben sollte, das jedoch nicht zur Ausführung kam. Stattdessen wurde wenige Jahre später 1909 mit der „Verkündigung des ersten Gottesfriedens durch Heinrich den Drittenim Oktober 1043“ ein anderes Thema in der Planung, das 1911 wiederum gewechselt hatte, bis 1914 schließlich von der Eberle’schen Kunstwerkstätte der Gebrüder Mezger in Überlingen ein Entwurf vorlag, zu dem folgende Angaben gemacht wurden: „Der alte Name des Hauses „Zum Märzen“ ist dem Entwurf zugrunde gelegt. Mars, der Kriegsgott, der dem Monat März den Namen gegeben, beschützt die Frühjahrstätigkeit des Landmanns.“ Dann bricht der intensive Schriftverkehr in den Bauakten hierzu ab. Da auf keiner Fotografie ein Wandbild zu finden ist, ist es vermutlich nie zur Ausführung gekommen.
1943 war ein geplanter Ausbau des Dachraums durch die Denkmalpflege abgelehnt worden. Ein Ausbau erfolgte dann wohl in den späten 1970er Jahren, datiert mit Hilfe von Aufnahmen der Sammlung Deeg, mit Passanten im Look der damaligen Zeit und einem autofreien Platzraum, wie er seit 1974 besteht. Zur Belichtung wurden Schleppgauben aufgesetzt. Zuvor schon waren die Werksteinrahmungen der stichbogigen Schaufenster verputzt und die Kante zur Öffnung scharfkantig ausgeführt worden. Dieses so entstandene etwas befremdliche Erscheinungsbild wurde bei einem Umbau 1988 verändert, als am Giebel drei hochrechteckige Öffnungen für einen mittigen Ladeneingang und zwei flankierende Schaufenster und an der Traufseite drei Paare hochrechteckiger Schaufenster geschaffen wurden.
(1601)
- Erdgeschoss
- Obergeschoss(e)
- Dachgeschoss(e)
(1900 - 1904)
Doppelfensters im ersten Dachgeschoss appliziert.
(1906)
(1970 - 1988)
(1988)
Besitzer:in
(1571 - 1599)
- Bürgermeister
(1599)
(1863)
- Kaufmann
Zugeordnete Dokumentationen
- Bauhistorische Analyse zum Renaissancegiebel
Beschreibung
- Siedlung
- Stadt
- Wohnbauten
- Wohn- und Geschäftshaus
Zonierung:
Konstruktionen
- Verwendete Materialien
- Backstein
- Kunststein
- Stein
- Gestaltungselemente
- Schweifgiebel
- Zierglieder im Steinbau
Die zum Obermarkt gerichtete Schmalseite des Gebäudes weist eine schlichte Gestaltung auf. Im Erdgeschoss ist die Ecke zur Paradiesgasse mit einem geböschten Strebepfeiler besetzt. In der Mittelachse befindet sich der Eingang zu einem Ladengeschäft, flankiert von zwei schmalen Schaufenstern. Alle drei Öffnungen haben eine rechteckige Form und sind ungerahmt. Die beiden Obergeschosse besitzen hochrechteckige Fensteröffnungen mit gefälzten Gewänden und Fensterläden. Im ersten Obergeschoss sind es vier an der Zahl. Axial über den beiden mittigen liegen im zweiten Obergeschoss nur zwei Fenster.
Darüber erhebt sich die prächtige Giebelarchitektur, durch vortretende Gesimse in zwei Geschosse aufgegliedert. Im unteren Geschoss trennen vorgelagerte Säulen ein mittiges Feld von den seitlichen Dreieckszwickeln. Die zu etwa Dreivierteln freistehenden Säulen ruhen auf vorkragenden Konsolen und sind aus einem eckigen Sockel, einer Basis, einem gedrehten kurzen Schaftstück, einem kannelierten längeren Schaftstück und einem an die ionische Ordnung angelehnten Kapitell mit Voluten zusammengesetzt. Im Wandfeld befindet sich ein Doppelfenster. Über dem über Konsolen vorstehenden Fenstersims sind erhaben drei Vorlagen, in der Funktion als seitliche Rahmungen und Mittelpfosten, die im unteren Teil erhabene Auflagen mit Halbkugeln und X-förmig verlaufenden Lücken tragen. Am oberen Ende hängen blattförmige Auflagen, die wiederum mit Halbkugel besetzt sind. Der Architrav mit Triglyphen trägt die Jahreszahl 1601. Ein gesprengter Flachgiebel mit mittiger Kugel, der bereits das Gesims zum zweiten Geschoss überschneidet, bildet den Abschluss. Die seitlichen Zwickel werden von zwei großen Voluten gebildet, die in zwei Ebenen gestuft mit Zwischengesims angeordnet sind. Die unteren Voluten tragen obeliskenartige Aufsätze, deren Spitze unten in kleine Voluten übergeht. Oberhalb der oberen Volute ist jeweils eine Zwischenstufe ausgebildet, auf der eine Kugel mit aufgestecktem Wetterfähnchen sitzt.
Im zweiten Geschoss ist wiederum ein mittiges Feld ausgebildet, das vom Atzenholz’schen Wappen eingenommen wird. Ein Rundschild mit Rand trägt einen Adler. Das Oberwappen setzt sich zusammen aus Bügelhelm, floral gestalteter Helmdecke und Helmzier in Form eines (heraldisch) nach links gewandten Schwanenhalses. Die Wappenfarben sind Weiß bzw. Silber und Schwarz. Das Wappenschild ist mittig vertikal geteilt, indem der Adler auf der einen Seite schwarz auf weiß und auf der andern Seite weiß auf schwarz erscheint. Die schwarz und grau gestrichene Helmdecke müsste nach den Regeln der Heraldik auf der Außenseite schwarz, auf der Innenseite aber weiß und nicht grau sein. Bei den beiden vergoldeten ornamentierten Kränzen zwischen Helm und Helmzier ist fraglich, ob ein Helmwulst oder eine Helmkrone gemeint ist. Gerahmt wird das Wappenfeld von seitlichen Vorlagen, auf denen sich die Ornamentierung des Doppelfensters wiederholt. Über ihnen bilden sehr viel schmalere Triglyphen den Übergang zum anschließenden Gesims. Zu beiden Seiten des Mittelfelds liegen gegenläufig gedrehte Doppelvoluten, von denen die untere Obelisken von anderer Form als jene des ersten Geschosses tragen. Oberhalb des Gesimses laufen Voluten zu einer Spitze zusammen, die als Abschluss wiederum eine Kugel mit Wetterfähnchen trägt.
Alle drei Fähnchen sind aus Eisen durchbrochen gearbeitet und die Stangen enden oben in einer ebenfalls durchbrochenen Speerspitze. Die Fähnchen lassen jeweils einen behelmten Triton im Umriss erkennen, dessen menschlicher Oberkörper in Fischflossen bzw. Schnörkelwerk übergeht. Zwei davon sind mit angespanntem Bogen bereit, einen Pfeil in die Windrichtung zu schießen. Hinter einem davon lauert der Kopf eines die Zähne fletschenden Ungeheuers. Beim dritten Fähnchen ist die Anordnung umgekehrt, wo am freien Ende der zurückgewandte Kopf eines ähnlichen Untiers den Triton bedroht und im Kampf mit ihm liegt.
Konstruktiver Aufbau und Schäden:
Beim Befahren erwies es sich, dass unter einer dicken Latexbeschichtung an den meisten Stellen, wo Werkstein zu erwarten wäre, eine fast geschlossene Zementschicht von unterschiedlicher Stärke liegt (Fotografien im Gutachten von Frank Bergmann). Lediglich an einer Sondage am Zwischenpfosten des mittigen Doppelfensters kamen Werksteine – grünlicher Rorschacher Sandstein – direkt unter der Beschichtung zutage, wenn auch in keinem guten Zustand. Unter der Zementschicht ist der Sandstein zumeist zerklüftet oder hat sich zu Sand aufgelöst. Der Werkstein bildet im Wesentlichen nur noch den Kern, während die Architekturformen in weiten Teilen und an exponierten Stellen aus Zement nachmodelliert worden sind. Im Lauf der Zeit entstandene Risse und Wasserschäden gaben den Anlass alles mit einer dichten Latexbeschichtung wasserdicht einzupacken. Am Atzenholz‘schen Wappen gab es an einem der floralen Enden der Helmdecke eine offene Stelle, wo nur loser Sand zu erkennen war. Dies ließ befürchten, dass die ganze Wappentafel nur noch in der Form der Beschichtung erhalten ist. Von weiteren Sondagen wurde hier abgesehen, denn während Einzelelemente der Giebelarchitektur immer mehrfach vorhanden und die Profile von Gesimsen fortlaufend sind, würden Fehlstellen innerhalb des Wappens einen Verlust bedeuten und müssten im Nachhinein frei ergänzt werden.
Die glatten Wandflächen als Rücklage der Architektur tragen geschlossene Putzflächen. Hier erlaubten Schadstellen keinen Einblick und es wurden keine Sondagen angelegt. Hinter dem geschlossenen Putz sind keine Werksteine zu erwarten, die man sicherlich nicht überputzt hätte. Für die Zeitstellung und angesichts der aufwändigen Bauweise darf Backsteinmauerwerk vermutet werden. Im oberen Geschoss liegt ein Eisenstück im Putz eingebettet, bei dem es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Rückverankerung ins Dachwerk handeln dürfte. Angeblich sei auf der Innenseite im ausgebauten Dachraum an keiner Stelle der Blick auf das Giebelmauerwerk möglich, auch nicht an Dachfuß und Spitze.
Auf dem unteren Gesims war an Schadstellen sichtbar, wie hier nachträglich durch Auflegen entsprechend zugehauener Backsteine eine steilere Schräge hergestellt wurde, entweder um den Wasserablauf zu verbessern oder um keinen Ruheplatz für Tauben zu bieten. Diese Aufhöhung ist auf den Aufnahmen der Sammlung Wolf mit deutlichem Putzanschluss erkennbar.