Fachwerkhaus, sog. Akademiegebäude
Datenbestand: Bauforschung
Objektdaten
Straße: | Kirchgasse |
Hausnummer: | 7 |
Postleitzahl: | 74523 |
Stadt-Teilort: | Schwäbisch Hall |
|
|
Regierungsbezirk: | Stuttgart |
Kreis: | Schwäbisch Hall (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8127076049 |
Flurstücknummer: | 679 |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Wohnhaus, Badtorweg 6 (74523 Schwäbisch Hall)
Wohnhaus, Im Weiler 26 (74523 Schwäbisch Hall)
Fachwerkhaus, Nonnenhof 4 (74523 Schwäbisch Hall)
Schloss Rechenberg (74597 Stimpfach, Zum Schloss 7)
Bauphasen
Das im Kern aus dem späten Mittelalter - um 1429 (d) - stammende Gebäude stellt ein frühes Beispiel für die Verwendung historisierender Architekturreprisen in Schwäbisch Hall dar.
Bereits im Jahr 1868 ließ der damalige Besitzer Nathan Hess den heute noch erhaltenen gassenseitigen Eckkerker nach dem älteren Vorbild auf der Gartenseite des Gebäudes im Rahmen eines größeren Umbaus nachgestalten. Während Hess auf diese Weise nach außen Traditionsbewusstsein und ästhetisches Empfinden dokumentierte, legte er in den Wohnräumen großen Wert auf modernen Komfort. In beiden Küchen ließ er die alten Schlöte abreißen und durch neue sogenannte russische Schornsteine ersetzen.
Ähnlich wie im Wohnhaus Kirchgasse 11 lebten auch in der Kirchgasse 7 in frühen Jahrhunderten überwiegend privilegierte Haller Bürger, die im öffentlichen Leben wichtige Funktionen hatten.
Man kann durchaus behaupten, dass der Gänsberg bzw. das Pfarrgässle, wie die Kirchgasse im 16./ 17. bzw. 18. Jahrhundert hieß mit dem Pfarrhaus von St. Katharina (Kirchgasse 8), dem Schulhaus (Kirchgasse 2) und den noblen Adressen Kirchgasse 7 und 11 zu den gehobenen Wohnquartieren jenseits des Kochers gehörte.
Desweiteren enthalten die Objektdaten Ergebnisse, die im Zuge eines Bauaushubs im Bereich zwischen Gebäude Kirchstraße 7 und dem bestehenden Altbau der Löwenbrauerei durch einige Erdprofile einsehbar waren. Diese Ergebnisse geben archäologische bzw. geologische Aufschlüsse unter dem sogenannten Akademiegebäude Kirchgasse 7, der Abgrabung bei dem kleinen Hauskeller unter der Ostfassade Kirchstraße 7 und dem Gebäude Kirchstraße 1.
(1429)
(1620)
Johann Jakob Feierabend und seine Gattin Ursula erwerben das Gebäude von der Witwe Anna Reiz. (a)
(1651 - 1683)
1651: Johann David Stattmann mit Frau Ursula Margareta Stattmann, die nach dem verfrühten Tod ihres Mannes, 1672, Georg Sigmund Eichhorn ehelichte und mit ihm weiter das Haus bewohnte.
1683 stirbt Frau Stattmann und der Besitz wird der ältesten Tochter Ursula überlassen. Die verstorbene Margaretha Stattmann hinterließ zudem einen beachtlichen Möbelbestand. Wertvollste Stücke sind ein -Kasten mit Schubladen- und eine -Lotterbettlade-. Verschiedendlich sind auch die Standorte der Möbelstücke angegeben. So standen ein -Tisch in der Stuben-, ein -Siedel in der Speißkammer-, ein -Sessel in der ErckherStuben-, ein -Täfele- befand sich ebenfalls dort und eine ausrangierte -alte Bettlade- lag -im Denn Boden-. (a)
(1735)
(1772)
(1791)
(1821)
(1844)
(1863)
(1868)
(1877)
(1881)
(1886)
(1890)
(1925)
(1928)
(1941)
(1956)
(1988)
(1998)
In den Profilaufschlüssen, welche durch die Schachtungen unter dem provisorisch abgestützten Akademiebau einzusehen waren, sind Sandschichten bzw. kiesige Geröllablagerungen vorhanden. Diese liegen zwischen 286.00 und 287.00 Meter ü.NN. Dieser Befund ergänzt die unlängst gemachten Beobachtungen in der Blendstatt, der Unterlimpurgstraße und jüngst in der Zollhüttengasse 9. Auch bei den geologischen Voruntersuchungen im Bereich der Blendstatt wurden diese Sande und Kiese angeschnitten. Es handelt sich hierbei um sog. Hochterrassenschotter des Kochers, also alte Talablagerungen des ehem. Kocherbetts.
Der eiszeitliche Kocher bildete, mit Abfließen des Schmelzwassers der Gletscher, im harten, oberen Muscheltalk große Flussschlingen aus, die aber mitunter infolge des Durchbruchs an den Engstellen der Umlaufberge wieder verlassen wurden. Von solchen ehemaligen Flussschleifen sind bei Schwäbisch Hall noch markant erhalten die „Bahnhofsbucht“, südwestlich des heutigen Bahnhofs (ohne Umlaufberg!), die Schleife bei der Comburg und bei Tullau (jeweils mit Umlaufberg). Diese Urbett des Kochers liegt mittlerweile um 30 Meter (ca.303.00 ü.NN.) über dem heutigen Flussspiegel (ca. 273,50 ü.NN.). Das Eingraben des Kochers in den Muscheltalk erfolgte nicht kontinuierlich, sondern in Schüben. Gleichzeitig blieben durch Verengung und Verlagerung des Flussbetts Terrassen bestehen, die geologisch an den Ablagerungen von Sanden und Kiesen (Terrassenschotter) auf dem ehemaligen Talboden erkannt werden können. Die Terrassen sind im Laufe der Zeit mit Lößlehm, an den Talflanken auch mit Hangschutt überdeckt worden. Sie blieben aber in der Topographie als eher flache, eben terrassenartige Flächen an den Steilhängen des Kochertals erhalten. Diese geologischen Vorgänge haben grundlegende Bedeutung für die spätere siedlungstopographische Entwicklung in historischer Zeit, da bei der Herausbildung von ersten Siedlungskernen und Wegeführungen bestimmte Plätze bevorzugt ausgewählt worden waren. Dies gilt sicher für die mittelalterliche Zeit, muss aber auch für die Vorgeschichte angenommen werden, wobei hier der Kenntnisstand noch recht dürftig ist. Markant ist der Umlaufberg der Comburg, welcher im Mittelalter mit einer Burg, später mit einem Kloster in beherrschender Lage besetzt war. Ähnliches lässt sich für den Umlaufberg bei Tullau vermuten. Die Flurbezeichnung Steinbühl könnte auf eine Burgstelle hinweisen.
Im Stadtgebiet von Hall selber ist die Terrassenbildung von Bedeutung. Rechtsseitig des Kochers verläuft die wichtige Durchgangsstraße Gelbinger Gasse- Marktstraße-Herrengasse-Unterlimpurger Straße zu großen Teilen auf einer Terrasse, die bei den Untersuchungen in der Blendstatt und in der Unterlimpurger Straße festgestellt werden konnte.
Linksseitig des Kochers liegen große Teile der südlichen Katharinenvorstadt auf der Terrasse, die jetzt im Bereich der Löwenbrauerei und Zollhüttengasse angeschnitten werden konnte. Aus den Kelleruntersuchungen ist weiterhin bekannt, dass die mittelalterliche Topographie hier zudem noch über eine Stützmauer im Hangverlauf künstlich erhöht worden war.
Auch der südwestliche Stadteingang beim ehem. Riedener Tor in Richtung Roter Steg nutzt die geologisch gewachsene Situation. Die Alte Reifensteige verläuft in der sog. Bahnhofsbucht, um hier sanft ansteigend die Verbindung zu einem alten Höhenweg in Richtung Michelfeld und Mainhardt zu schaffen.
Die Zusammenhänge von geologischer und sich daraus ergebender siedlungstopographischer Entwicklung sollen hier nur kurz angerissen werden. Die Möglichkeiten einer, auch prospektiven, Betrachtung der geologischen Fakten und den daraus entstehenden siedlungsgeschichtlichen Vorgängen sind sicher noch nicht ausgeschöpft und sollten Gegenstand zukünftiger Überlegungen sein.
Weitere Beobachtungen:
Im Bereich Kirchgasse 7 können bisher nur spätmittelalterliche Funde beobachtet werden. Befunde zu dem älteren Siedlungskern um St. Katharina existieren daher nicht. Auch der kleine Hauskeller Kirchgasse 7, der aufgrund der Mauerwerkschronologie in eine ältere Zeitstellung eingeordnet werden muss (12./ 13. Jh.), konnte jetzt nicht hinreichend geklärt werden.
Weiter wurde eine Grube bei dem Gebäude Kirchgasse 1, eingetieft in anstehenden Hangschutt, beobachtet. Datierendes Fundmaterial konnte nicht geborgen werden. Die Funktion der Grube (Keller?) muss unklar bleiben.
(gk)
Zugeordnete Dokumentationen
- Archäologische Befundaufnahme unter geologischen Gesichtspunkten
Beschreibung
- Siedlung
- Stadt
- Wohnbauten
- Wohnhaus
- Gewerbe- und Industriebauten
- Brauerei
Zonierung: